Es ist ein teures «Missverständnis»: Der Bundesrat geht beim Kauf von 36 F-35-Kampfjets von einem Fixpreis von rund sechs Milliarden Franken aus. Offenbar will aber die US-Regierung als Verkäuferin wegen der Inflationen und der gestiegenen Rohstoffpreise der Schweiz mehr verrechnen. Am Mittwoch hat der Bund vor den Medien von Mehrkosten im Rahmen von 650 Millionen bis 1.3 Milliarden US-Dollar gesprochen.
Die Beschaffung des F-35 reiht sich in eine Historie von Problemen ein, die bei Kampfjet-Käufen des Bundes auftauchten.
1964: Mirage-Affäre
1961 wollte der Bundesrat 100 französische Mirage-Flugzeuge beschaffen. In seiner Botschaft ans Parlament hiess es, am Flieger seien lediglich geringe Änderungen nötig. Doch dann gerieten die Kosten völlig ausser Kontrolle – auf über 1.4 Milliarden Franken. Die Landesregierung musste beim Parlament einen Nachtragskredit von knapp 580 Millionen Franken beantragen.
Das Problem: Die Verwaltung liess die Finanzierung aus dem Blick und überschritt ihre Kompetenzen. Zudem hatte die Armeeführung grosse Träume und wollten aus dem Jagdflugzeug einen Jagdbomber mit atomarer Bewaffnung machen.
1964 flog die Sache dem Bundesrat um die Ohren. National- und Ständerat fühlten sich hintergangen und traten nicht auf die Vorlage ein. Dafür stimmten sie für die Einsetzung eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) – ein scharfes politisches Mittel.
Das PUK-Urteil war vernichtend: Der Bundesrat habe das Parlament getäuscht, in manchen Aspekten gar irregeführt. Hohe Offiziere und Verteidigungsminister Paul Chaudet nahmen den Hut. Das Parlament genehmigte lediglich einen Nachtragskredit von 150 Millionen Franken. So beschaffte die Schweiz letztlich nur 57 Mirage-Kampfjets.
1972: Verzicht auf Corsair
Anfangs der 70er-Jahre suchte der Bund Ersatz für die angezählten Kampfflugzeuge des Typs Venom. Trotz unterschriftsreifer Verträge entschied sich der Bundesrat 1972 wegen der knappen Bundesfinanzen gegen die Beschaffung des Corsair A-7D.
Der damalige Luftwaffenchef Eugen Studer fürchtete sich vor einer unglaubwürdigen Flotte ohne moderne Flugzeuge. «Einen Antiquitätenladen werden wir in der Flugwaffe nicht aufziehen», zitierten ihn die Zeitungen damals.
1975: Nicht das beste Flugzeug
Ein paar Jahre später waren die Finanzaussichten des Bundes nach wie vor nicht rosig, trotzdem fand sich ein neuer Kampfjet. Im August 1975 entschied sich der Bund für 72 F-5 Tiger (Kosten etwa 1.2 Milliarden Franken). Das Flugzeug sei zwar nicht das beste, aber unter finanziellen Möglichkeiten bestimmt das geeignetste, hiess es.
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Bild 1 von 2. Die F-5 Tiger stehen noch im Dienst der Luftwaffe. Einen Teil hat sie bereits an die US-Navy verkauft. Der Bundesrat will den Typ Ende 2027 ausser Dienst stellen. Bildquelle: KEYSTONE/Andree-Noelle Pot.
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Bild 2 von 2. Die Patrouille Suisse fliegt seit 1995 mit dem F-5 Tiger. Bildquelle: KEYSTONE/ Peter Schneider.
Die Beschaffung war getrübt vom Lockheed-Skandal, einem Korruptionsfall, in den eine Reihe von US-Waffenherstellern verwickelt waren. Auch der Tiger-Hersteller Northrop ist mit Schmiergeldvorwürfen konfrontiert. Eine Untersuchung des Bundes entlastet schliesslich das Unternehmen.
2014: Volksnein zu neuen Kampfjets
Die Stimmbevölkerung schoss 2014 den schwedischen Gripen-Kampfjet ab. 53 Prozent sagten Nein. In den Jahren davor stiessen die Beschaffungspläne des Bundesrats wiederholt auf Widerstand von Armeegegnern. In der Öffentlichkeit war der «Papierflieger» umstritten.
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Bild 1 von 2. Der Gripen des schwedischen Herstellers Saab schaffte es nicht in den Bestand der Schweizer Luftwaffe. Bildquelle: REUTERS/Michael Buholzer .
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Bild 2 von 2. Der Gripen hätte eigentlich den Kampfjet F/A-18 ersetzen sollen, der langsam in die Jahre gekommen ist. Bildquelle: REUTERS/Arnd Wiegmann.
Wie der Gripen einst soll künftig der F-35 die F/A-18 der Armee ersetzen. Doch nun liegt über der Beschaffung ein neuer Schatten.