YB-Spieler, die vor Freude heulen – tausende Fans, die auf den Fussballrasen stürmen – gratis Bierdusche während der Freinacht: Wer an den ersten Meistertitel von YB seit über 30 Jahren zurückdenkt, wird wohl etwas wehmütig.
Vier verschiedene Meisterfeiern
Aus bekannten Gründen ist heuer alles anders: Am Sonntag feierten die Young Boys bereits den dritten Titel, nach einem Meister- und einem Cuptitel, vor leeren Zuschauer-Rängen. «Es ist nicht wie sonst», sagt eine YB-Anhängerin. In kleineren Gruppen wurde angestossen, rund hundert Fans sind auch vors Stadion gekommen, die grosse Party fand nicht statt: «Es hat mehr Polizei als etwas anderes», sagte ein Fan vor dem Wankdorfstadion.
Was hat Corona mit der Fanszene gemacht?
«Man wird leiser», sagt ein anderer Fan. Wenn man nicht ins Stadion gehen darf, verschwinde das Zwischenmenschliche. «Die leeren Ränge, das ist traurig», ergänzt ein anderer Fan. Klar, man geniesse die Spiele trotzdem, sagt eine Frau, «aber es ist schwer.»
Die Fankultur habe sich verändert, sagt YB-Fanarbeiter Lukas Meier: «Eng zusammen, singen, herumhüpfen: davon lebt die Fankultur.» Diese Kultur leidet. «Corona hat die Pause-Taste bei den Fans gedrückt», sagt Meier. Das habe vor allem bei den Jungen Spuren hinterlassen – zur aktiven Fanszene gehören viele Junge dazu: «Es ist brutal, wie das ganze soziale Umfeld seit Monaten weg ist. Das ist schwierig», beschreibt Meier den Zustand der jungen Fans.
Wir haben Angst, dass diese Atmosphäre nie mehr zurückkommt.
Neues sei unter den Fans nicht entstanden. Da müsse er ihnen aber ein Kränzchen winden: «Sie zeigten sich von Anfang an verantwortungsvoll und halten sich an die Massnahmen.» Das hat aber seinen Preis: «Die Angst ist da, dass diese Atmosphäre nie mehr zurückkommt.»
Die Fans haben sich zurückgezogen. Wenn es noch lange so weiter gehe, gewöhne man sich daran. Zudem werde derzeit eine Sitzplatzpflicht diskutiert. «Das hätte einschneidende Konsequenzen für die Fankultur», sagt der Fanarbeiter.
Hundert Fans bringen Fankultur nicht zurück
Die Choreos, die Stimmung, die Emotionen und damit einer der wichtigsten Bestandteile eines Matches könnten verloren gehen, befürchtet Meier. «Das wäre ein grosser Verlust.» Vor allem für die Jugend: «Wir haben hier eine der grössten Jugendkulturen der Schweiz, die wir schützen müssen.»
Erste Lockerungen gibt es zwar: Der Bundesrat erlaubt bei Fussballspielen wieder 100 Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Berner Young Boys sagen auf Anfrage, man wolle diese fair unter den Abonnentinnen, den Sponsoren und den Angehörigen der Spieler verteilen.
Ob einige hundert oder tausend Zuschauer sei aber nicht matchentscheidend, sagt Lukas Meier: «Es braucht eine gewisse Anzahl, um die Fankultur ausleben zu können.» Dass man wieder nebeneinander ohne Maske singen und herumspringen darf, muss sich die Corona-Situation aber massiv verbessern. «Unsere grösste Angst ist deshalb, dass die Fankultur, wie wir sie bisher kannten, nicht mehr zurückkommt.»