Migration - Von Klimaflüchtlingen bis Sans-Papiers: Das bedeuten die Begriffe
Migrationsrecht ist komplex. Es ändert sich regelmässig, befindet sich in einem Zusammenspiel zwischen Völker- und Landesrecht und verästelt sich in zahlreiche Verordnungen. Ein Überblick einiger wichtiger Begriffe.
Wer ist ein Flüchtling?
Diese Frage regelt
die Genfer Flüchtlingskonvention,
welche in der Schweiz 1955 in Kraft getreten ist. Demnach muss sich ein Flüchtling im Ausland befinden, einen Bruch der Beziehungen zum Heimatstaat vollzogen haben und eine begründete Furcht vor einer Verfolgung haben. Diese muss an ein sogenannt verpöntes Merkmal, also «Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Überzeugung», gekoppelt sein. Zudem darf kein Ausschlussgrund vorliegen.
In der Schweizer Praxis zwingend ist zudem die Gezieltheit der Verfolgung. Wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) schreibt, muss eine Person «persönlich von einer konkret gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung betroffen sein». Wer als Flüchtling anerkannt ist,
erhält in der Schweiz Asyl.
Wer ist Gewaltflüchtling oder Klimaflüchtling?
Das SEM betont: «Unruhen, Krieg oder Bürgerkrieg stellen für sich allein keine relevanten Asylgründe dar.» Und weiter: «Erleiden Angehörige der unbeteiligten Zivilbevölkerung Schäden infolge der Kampfhandlungen, so werden sie meistens als Nebenfolge getroffen; die Eingriffe sind nicht gegen sie gerichtet und demzufolge nicht zielgerichtet.» Oder einfach ausgedrückt: Wer von einem Bürgerkrieg flüchtet, gilt nicht automatisch als Flüchtling und erhält entsprechend nicht immer Asyl.
Asylrechtsexpertin: Vorläufige Aufnahme sollte angepasst werden
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Personen, die vom Krieg in der Ukraine flüchten, werden anders behandelt als Personen, welche ihr Herkunftsland wegen ähnlichen Gründen verlassen. Ukrainische Staatsangehörige erhalten den Status S, welcher in vergleichbaren Fällen nicht vergeben wird. Liegt deshalb auch automatisch eine Diskriminierung vor?
Nicht zwingend. Denn eine unterschiedliche Behandlung ist nur dann eine Diskriminierung, wenn sie nicht gerechtfertigt ist. Das sagt Sarah Progin-Theuerkauf. Die Professorin für Migrationsrecht an der Universität Fribourg führt aus: «Bei Ukrainern kann man durchaus Gründe finden, warum man ihnen den Schutzstatus S gegeben hat und sie nicht auf die regulären Verfahren verwiesen hat.»
So konnten gemäss Progin-Theuerkauf Ukrainerinnen anders als Syrer und Afghanen bereits visafrei reisen. Zudem kämen sie aus einem Land, welches direkt an die EU grenzt. Auch löste der Krieg einen «nie dagewesenen Massenzustrom innerhalb weniger Monate» aus, führt die Expertin für Migrationsrecht weiter aus. «Da andere Kriegsflüchtlinge auch Zugang zu einem Verfahren haben, das ihren Schutzbedarf ermittelt, ist das an sich nicht problematisch», fügt sie hinzu.
Allerdings sei die Frage berechtigt, warum die anderen Kriegsflüchtlinge nicht auch schnellen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten und die Familie nachziehen dürfen. Progin-Theuerkauf betont daher: «Man sollte langfristig die vorläufige Aufnahme anpassen.»
Ähnliches gilt für Klimaflüchtlinge, also Personen, welche vor klimatischen Folgen wie Dürren oder Fluten flüchten. Das SEM führt dazu aus: «Vom Menschen (vermeintlich) unabhängige Naturereignisse fallen nicht in den Verfolgungsbegriff der Flüchtlingsdefinition.»
Wer wird vorläufig aufgenommen?
Wird die Flüchtlingseigenschaft nicht anerkannt, muss gemäss SEM ein «besonderes Augenmerk» auf die Prüfung der Zulässigkeit und der Zumutbarkeit der Wegweisung gerichtet werden. Das kann beispielsweise passieren, wenn eine Person, welche wegen des Bürgerkriegs in Syrien in die Schweiz gekommen ist,
keinen individuellen Fluchtgrund geltend machen kann.
Weil die Wegweisung in diesem Fall aber nicht zumutbar ist und diverse Menschenrechtsbestimmungen verletzen würde, verfügt das SEM eine vorläufige Aufnahme. Wie der Name bereits sagt, ist diese Kategorie nicht für einen mehrjährigen Aufenthalt in der Schweiz gedacht. Weil aber Bürgerkriege oft mehrere Jahre dauern, erstreckt sich die vorläufige Aufnahme teils ebenfalls über mehrere Jahre. So befinden sich derzeit beispielsweise
über 18'000 Syrerinnen und Syrer in der Schweiz,
welche vorläufig aufgenommen sind.
Wer ist ein Sans-Papier?
Als Sans-Papiers werden Menschen bezeichnet, die sich ohne eine Aufenthaltsberechtigung in einem Land aufhalten. In der Schweiz leben gemäss der Gewerkschaft Unia ungefähr 150'000 Sans-Papiers.
Stadt Bern ruft Überbrückungshilfen ins Leben
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Die Stadt Bern hat ein Pilotprojekt für Überbrückungshilfen gestartet. Das Ziel sei, armutsbetroffenen Personen zu helfen, welche keinen Zugang zur Sozialhilfe haben, teilte Franziska Teuscher, Sozialdirektorin der Stadt Bern, mit. Für die Durchführung des einjährigen Pilotprojekts wurde die Fachstelle Sozialarbeit der römisch-katholischen Gesamtkirchgemeinde Bern und Umgebung beauftragt.
Die neu geschaffene Überbrückungshilfe hat zum Ziel, Personen in prekären Lebenslagen vor unmittelbarer Not zu schützen. Das Angebot richte sich auch an Flüchtlinge, vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer sowie Sans-Papiers, heisst es beim Berner Sozialamt.
Die Hilfe diene der Sicherung des Lebensbedarfs für Wohnen, Essen, Kleidung und Gesundheit. Bei Einzelpersonen liege die Limite bei 3000 Franken und bei Paaren bei 5000 sowie zusätzlich 500 Franken pro Kind. Die Hilfe sei grundsätzlich auf sechs Monate befristet.
Insgesamt kostet das Pilotprojekt die Stadt Bern rund 220'000 Franken. Dieses Geld sei in der Strategie zur Förderung der beruflichen und sozialen Integration enthalten. Das Projekt wird von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften begleitet. Im Herbst dieses Jahres will die Stadt mittels einer Auswertung entscheiden, ob sie dieses für das kommende Jahr weiterführen wird.
Diese Menschen leben oft unter prekären Lebensbedingungen, haben beispielsweise
keinen Anspruch auf Sozialhilfe.
Damit der Aufenthalt legalisiert werden könnte, ist der Weg über Härtefallbewilligungen möglich. Gemäss Unia werden diese von den jeweiligen Kantonsbehörden jedoch erst nach fünf Jahren ernsthaft geprüft. Der Kanton Zürich setzt beispielsweise
eine ununterbrochene Aufenthaltsdauer von mindestens zehn Jahren
für Einzelpersonen voraus.
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