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Milliarden gegen Klimawandel «Die Schweiz hat den drittgrössten Fussabdruck in ganz Europa»

Unter den Folgen des Klimawandels leiden besonders Entwicklungsländer. Die reichen Länder der Welt haben deshalb das Versprechen abgegeben, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, um die Folgen des Klimawandels in diesen armen Ländern zu bekämpfen. Die Schweiz hat rund eine halbe Milliarde Franken zugesagt. Viel zu wenig, beklagt Alliance Sud, die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke. Die Schweiz müsse eine Milliarde zahlen, ein Prozent des Gesamtbetrags, schliesslich sei der Treibhausgasausstoss der Schweiz höher als viele denken, so Jürg Staudenmann.

Jürg Staudenmann

Klima-Experte

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Jürg Staudenmann ist Mitglied im Ausschuss der Klimaallianz und des Climate Action Networks. Er arbeitete elf Jahre beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und war zuletzt stv. Länderchef in Serbien. Davor war er u.a. Dozent an der ZHAW und Vizepräsident des schweizerischen Verbandes der Umweltfachleute.

SRF News: Hierzulande entsteht nur ein kleiner Teil der Treibhausgase. Wieso soll die Schweiz so viel zahlen?

Jürg Staudenmann: Weil die Schweiz eben auch für ungefähr für 1 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich ist.

Sie zählen also mehr, als nur die in der Schweiz emittierten Treibhausgasen?

Eindeutig, und das ist ja nicht nur auf unserem Mist gewachsen, sondern wurde vom Bundesamt für Statistik ausgerechnet. Der Schweizer CO2-Fussabdruck ist mindestens zu zwei Dritteln im Ausland – weil die Schweiz die Schwer- und Textilindustrie fast ausgelagert hat und internationale Flüge nicht eingerechnet sind.

Dabei haben wir, gerade mit dem Finanzplatz Schweiz, viel Einfluss auf die Reduktion von Treibhausgasen weltweit.

Darüber hinaus beträgt der Anteil der Wirtschaftsleistung der Schweiz innerhalb der Industrieländer etwa 1 Prozent und 1 Prozent von 100 Milliarden ist eben diese Klimamilliarde, die wir verfolgen.

Der Bundesrat ist bereit, rund 400-600 Millionen zu zahlen. Warum reicht das nicht?

Weil es nur die Inlandsreduktionen und nicht die Verantwortung berücksichtigt. Im Vorschlag der ständerätlichen Umweltkommission wurde das nun teilweise aufgenommen: Nach der Kommission soll die Schweiz auch die Auslandsreduktionen in Betracht ziehen.

Das Geld soll laut dem Bundesrat aus der bestehenden Entwicklungszusammenarbeit kommen, da Klimafinanzierung auch zur Entwicklung der Länder des Südens beitrage. Wieso sind Sie in diesem Punkt nicht einverstanden?

Die Klimafinanzierung ist gedacht, um die Klimakrise abzuwenden; sowohl um vorzubeugen als auch die Auswirkungen zu mildern. Das ändert noch gar nichts an der Lebenssituation der Menschen in Entwicklungsländern. Die Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit hingegen soll Armut reduzieren. Am jetzigen Zustand etwas ändern. Das sind Unterschiede.

Ist die Grenze aber nicht fliessend?

Es gibt Überschneidungen und Synergien, die angestrebt werden. Wenn Sie aber in einem Entwicklungsland ein Schulhaus so bauen, damit dieses auch den zunehmenden Hurrikans widerstehen oder sogar als Unterschlupf dienen kann, dann kostet das mehr und ist gut fürs Klima. Der Bildungsstand hingegen ist nicht grösser geworden.

Zerstörte Häuser und Autos
Legende: Die Folgen des Klimawandels betreffen häufig ärmere Länder, hier der Hurrikan Dorian auf den Bahamas. Keystone

Bei der Klimafinanzierung muss man häufig lange suchen, um einen Fortschritt zu erkennen. Warum ist das Thema in der Politik derart nebensächlich?

Vermutlich ist es uns noch nicht bewusst genug, wie gross unser Einfluss auf der Welt ist. Laut dem Bundesamt für Statistik hat die Schweiz ein Fussabdruck pro Kopf, der uns auf die vierzehnte Stelle bringt. Zwar hinter den arabischen Ländern und den USA, in Europa aber sind wir auf Platz drei, hinter Luxemburg und Belgien. Wir haben den drittgrössten Fussabdruck in ganz Europa. Wir werden von den Argumenten geblendet, die kleine Schweiz hätte keinen Einfluss. Dabei haben wir, gerade mit dem Finanzplatz Schweiz, viel Einfluss auf die Reduktion von Treibhausgasen weltweit.

Das Gespräch führte Klaus Ammann.

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