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Bischof setzt Verhaltenskodex bei Konservativen nicht durch
Aus Regionaljournal Graubünden vom 20.11.2023. Bild: srf/Valentina De Vos
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Missbrauchsfälle in der Kirche Bischof in Chur stösst mit Verhaltenskodex auf Widerstand

Konservative Priester des Churer Priesterkreises verweigern die Unterschrift. Streitpunkt ist auch die Sexualmoral.

Kein Platz für Missbrauch – das wollte das Bistum Chur mit einem Verhaltenskodex erreichen. 2022 hat Bischof Joseph Maria Bonnemain diesen Kodex als Reaktion auf die Schlagzeilen über sexuellen Missbruch in der katholischen Kirche lanciert. Alle Mitarbeitenden und Führungspersonen des Bistums Chur hätten unterschreiben sollen.

Mehrere Abschnitte, insbesondere auch zur Sexualmoral, werden von einzelnen konservativen Priestern aber kritisiert: Sie verweigern die Unterschrift. Wie Recherchen des SRF-Regionaljournals zeigen, krebst Bischof Bonnemain jetzt zurück und toleriert die rebellischen Priester.

Diskussion dreht sich um Sexualmoral

Der Churer Priesterkreis – ein Verein von Priestern im Bistum Chur – billigt den Kodex nicht. Vor allem die Artikel zur Sexualmoral sind ihm sauer aufgestossen.

Sexuelle Selbstbestimmung und die Pflicht, niemanden wegen der sexuellen Identität oder Orientierung zu diskriminieren sei gegen die katholische Lehre, so eine Stellungnahme. Der Verein unterschreibe demnach nur mit einer Klausel, damit die kritisierten Artikel für die Priester des Priesterkreises nicht verbindlich seien. Dies bestätigt auf Anfrage auch der Vorsitzende Roland Graf.

Die Mitglieder des Churer Priesterkreises sind mit 98 Prozent des Inhaltes des Verhaltenskodexes einverstanden.
Autor: Joseph Maria Bonnemain Bischof von Chur

Der Bischof hat sich zweimal mit dem Priesterkreis getroffen, um die Abtrünnigen zur Unterschrift zu bewegen, ohne Erfolg. «Die Mitglieder des Churer Priesterkreises haben mehrfach erklärt, dass sie mit 98 Prozent des Inhaltes des Verhaltenskodexes einverstanden sind», so Bonnemain. «Mit ein paar Punkten haben sie eine gewisse Mühe, weil sie meinen, sie stünden nicht im Einklang mit der Lehre der Kirche.»

Bonnemain vor einem Mikrophon.
Legende: Joseph Maria Bonnemain ist seit 2021 römisch-katholischer Bischof von Chur. KEYSTONE/Gian Ehrenzeller

Eine Verweigerung der Unterschrift zeigt laut Verhaltenskodex «massive Qualitätsdefizite in der Reflexionsfähigkeit, da die Person zu Pauschalurteilen neigt oder das Anliegen der Prävention nicht genügend mitträgt». Trotzdem will der Bischof die Unterschriften nicht einfordern. Denn es gehe um die persönliche Haltung im Umgang, und die ist laut Bonnemain bei allen tadellos.

Problematisch ist, dass man damit die Auseinandersetzung eigentlich nicht will.
Autor: Stefan Loppacher Präventionsbeauftragter

Karin Iten und Stefan Loppacher haben als Präventionsbeauftragte den Kodex entwickelt. Loppacher sieht die Haltung von Bischof Bonnemain kritisch: «Problematisch ist, dass man damit zum Ausdruck bringt, dass man die Auseinandersetzung, auch die kritische Reflexion eigentlich nicht will.»

An der Basis gehen die Meinungen auseinander

«Der Bischof muss an dem festhalten und die müssen das jetzt einfach unterschreiben», sagt Franz Sepp Caluori, GPK-Mitglied und Bündner Standespräsident.

Anders sieht es der Präsident der katholischen Landeskirche Graubünden, Thomas Bergamin: «Man sollte nicht das Thema an einem Punkt oder Komma aufhängen. Ich bin mir sicher, sie werden sich finden.»

«Natürlich muss man versuchen, sie zu gewinnen, aber nicht um jeden Preis», meint wiederum der Präventionsbeauftragte Loppacher. «Der Schutz von Menschen ist wichtiger, als dass man Kompromisse eingeht.»

Schritt zurück?

Der Bischof selber hatte 2022 bei der Präsentation des Verhaltenskodexes noch klare Worte gewählt. «Wenn jemand veränderungsresistent bleibt, (…) muss man dieser Person schliesslich sagen ‹Du bist nicht geeignet, um in der Kirche zu arbeiten›.»

Heute verzichtet der Bischof auf klare Ansagen. Angesichts des Priestermangels in der Kirche könnte ihm eine Trennung von Priestern eher schwerfallen. Es besteht die Gefahr, dass aus einem Schritt nach vorn zwei zurück werden.

Regionaljournal Graubünden, 20.11.2023, 6:31 Uhr, flal/kobt

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