Beinahe den ganzen Tag debattierten die Mitglieder des Nationalrats zusammen mit Finanzministerin Karin Keller-Sutter über die Totalrevision des Zollgesetzes.
Thomas Aeschi (SVP/ZU) bezeichnete es zu Anfang auch als «Monstrum» und hielt den Entwurf mit satten 490 Seiten in die Höhe. «Es ist tatsächlich die grösste Gesetzesfahne, die wir in den letzten zwölf Jahren vorliegen hatten», so Aeschi.
Umstrittener Zweckartikel
Zu reden gab im ersten Block der über siebenstündigen Debatte unter anderem der Zweckartikel zum Gesetz. Eine SVP-Minderheit der vorberatenden Kommission wollte explizit festhalten, dass das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) auch einen Beitrag zur Bekämpfung illegaler Migration zu leisten habe. Sie fand dafür jedoch keine Mehrheit.
Kurzeinschätzung von SRF-Bundeshausredaktor Andy Müller
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«Dieses Monster-Gesetz, so wurde es heute mehrfach betitelt, hat das Milizparlament an seine Grenzen gebracht. Denn nur noch wenige Parlamentarierinnen und Parlamentarier hatten den Durchblick. Dennoch hatte der Nationalrat bereits im letzten Sommer entschieden, diese Grossübung nicht abzubrechen, sondern durchzuziehen. Weil an der Front die Fusion zwischen Grenzwache und Zoll längst vollzogen wurde. Dafür hat die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats den Bundesrat auch kritisiert: Er habe das Parlament quasi vor vollendete Tatsachen gestellt. Und im Parlament ist man sich denn auch einig, dass sich so etwas nicht wiederholen darf.»
Den gleichen Vorschlag hatte ursprünglich auch der Bundesrat gemacht. Keller-Sutter verzichtete aber mit Verweis auf den Widerstand aus den Kantonen auf einen entsprechenden Antrag. In der Sache gebe es keine Differenz. Im Rahmen von Warenkontrollen könnten Grenzwächter jederzeit auch Personenkontrollen vornehmen.
«Die Personenkontrolle an der Grenze ist eine polizeiliche Kompetenz», hielt Jacqueline Badran (SP/ZH) namens ihrer Fraktion fest. Die Kantone hätten klargemacht, dass sie diese Kompetenz nicht abgeben wollten.
Diskussion um Zollfreilager
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Umstritten waren ausserdem neue Bestimmungen zu Zollfreilagern. Die Ratslinke wollte erreichen, dass der Bund künftig über die wirtschaftlich Berechtigten von Waren in solchen Lagern Auskunft geben muss. Dieser Antrag scheiterte aber.
Jacqueline Badran (SP/ZH) begründete erfolglos, dass in Zollfreilagern immense Vermögenswerte existierten. Gebe es keine Angabe der wirtschaftlich Berechtigten, könne die Schweiz als Versteck von Vermögenswerten missbraucht werden. «Wir kennen in der Schweiz die Namen der Kühe, aber nicht die Eigentümer von Milliarden von Geldern in Zollfreilagern.»
Leo Müller (Mitte/LU) hielt entgegen, dass die Eigentümer von Waren in Zollfreilagern heute schon erfasst würden. «Zollfreilager sind keine rechtsfreien Räume», sagte Beat Walti (FDP/ZH). Keller-Sutter versprach, diese Frage bei der bald geplanten Revision des Geldwäschereigesetzes zu klären.
Zudem beantragte die SVP ohne Erfolg, die Kontrolle des grenzüberschreitenden Personenverkehrs in der Aufzählung der Aufgaben des BAZG explizit zu erwähnen. Die Gegnerseite kritisierte dies als sachfremd. Wenn man umfassende Personenkontrollen einführen wolle, müsse man dies an anderer Stelle tun, sagte Mitte-Fraktionssprecher Leo Müller (LU).
«Schlecht vorbereitet»
Marionna Schlatter (Grüne/ZH) warf der SVP vor, aus dem Zoll eine Migrationspolizei machen zu wollen. Schlatter bekräftigte die Grundsatzkritik ihrer Partei an der Vorlage. Das Zollgesetz sei unfertig – und das Parlament sei durch die Zusammenlegung von Zoll und Grenzschutz vor vollendete Tatsachen gestellt worden.
Die Zürcher Grünen-Nationalrätin war mit ihrer Kritik nicht allein. Auch Ritter als Kommissionssprecher bezeichnete das Gesetz als schlecht vorbereitet: «Wir hatten zwei Jahre Zeit und verstehen es immer noch nicht.»
Mit 115 zu 76 Stimmen bei einer Enthaltung folgte die grosse Kammer dem Vorschlag ihrer Wirtschaftskommission (WAK-N). Deren Sprecher Markus Ritter (Mitte/SG) begründete den Systemwechsel mit dem gewünschten Abbau von bürokratischen Hürden. SP, Grüne und GLP plädierten erfolglos für den Status quo.
Linke Anträge chancenlos
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Zudem beschloss der Nationalrat, dass Bundesangestellte an der Grenze Waffen tragen dürfen, wenn sie besonderen Bedrohungen ausgesetzt sein können. Er folgte in diesem Punkt dem Vorschlag des Bundesrats.
Gemäss einem Antrag der Ratslinken sollten BAZG-Mitarbeitende nur dann Waffen tragen dürfen, wenn sie in ihrer Tätigkeit tatsächlich einer möglichen Bedrohung ausgesetzt sind. Eine grundsätzliche Ausweitung der Bewaffnung sei «nicht gerechtfertigt und nicht bedarfsgerecht», sagte Kilian Baumann (Grüne/BE).
SP und Grüne scheiterten – mal mit und mal ohne Unterstützung der GLP – mit weiteren Anträgen, die Kompetenzen der Grenzwache einzuschränken. «Wir dürfen aus der Grenzwache nicht eine Superpolizei machen», warnte Balthasar Glättli (Grüne/ZH).
Die für den Zoll zuständige Finanzministerin hielt fest, dass der Warenverkehr durch die Umsetzung des Entscheids wohl verlangsamt und die Bürokratie ausgebaut würde. Genau das Gegenteil behauptete die obsiegende bürgerliche Mehrheit im Nationalrat.
Wahlfreiheit bei Verzollung
Auch in weiteren Punkten wich die grosse Kammer vom Entwurf des Bundesrats ab. So sollen Exporteure und Importeure von Waren in Zukunft entscheiden können, ob sie die Verzollung selber erledigen wollen.
Grenzwache soll DNA-Proben nehmen können
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Mit 119 zu 70 Stimmen bei 2 Enthaltungen nahm die grosse Kammer einen Antrag von SVP-Nationalrat Mauro Tuena (ZH) an. Demnach soll das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) künftig zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität im Rahmen einer Personenkontrolle von einer Person eine nicht invasive Probe nehmen und die Erstellung eines DNA-Profils anordnen können.
Gemäss dem neuen Gesetzesartikel soll das dann möglich sein, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte anzunehmen ist, die kontrollierte Person könnte ein schweres Vergehen oder ein Verbrechen begangen haben, das mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr belegt ist, oder sie könnte ein solches begehen. Zur Anordnung der Erstellung eines DNA-Profils befugt sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAZG, die zur Anwendung von polizeilichen Massnahmen berechtigt sind.
Laut Ritter handelt es hierbei um ein Anliegen des Gewerbes. «Wir zielen nicht auf die Konsumentinnen und Konsumenten.» Laut Keller-Sutter könnte dadurch der Warenfluss ins Stocken geraten, bis klar ist, wer die Warenanmeldung vornimmt.
Die obsiegende Mehrheit im Nationalrat verwies auf den Ständerat, der den neuen Artikel noch mal gründlich prüfen könne.
Echo der Zeit, 06.03.2024, 18:00 Uhr
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