Davor warnen die Behörden: Der Fluss Lonza hat sich durch die Ablagerung des abgebrochenen Birchgletschers sowie durch das Material der Felsstürze in Blatten gestaut. Der See, der sich dahinter gebildet hat, dürfte «in den frühen Morgenstunden» überlaufen, sagte Christian Studer von der Dienststelle Naturgefahren im Lötschental an einer Medienkonferenz. Der Pegelstand steige ständig, die meisten der wenigen übriggebliebenen Gebäude im Dorf Blatten stünden bereits im Wasser.
Die Behörden warnen dabei auch vor einem Extremszenario: «Wir wissen seit Mittwoch, dass der Worst Case eintreten kann: Eine Flutwelle aus dem Lötschental, die die Staumauer von Ferden überwindet und bis nach Gampel und Steg kommt, kann nicht ausgeschlossen werden», erklärte der Walliser Staatsrat Stéphane Ganzer.
Szenarien für die «Seeentleerung»: Die Behörden prüfen mit Spezialisten verschiedene Szenarien, wie eine Seeentleerung stattfinden könnte, sagte Studer. «Ziel ist es, diesen Prozess möglichst gut zu antizipieren und die Sicherheit der Bevölkerung weiter unten sicherzustellen.» Studer ging auf die Szenarien zunächst nicht ein. Geologen hatten vorher gesagt, dass das Wasser über den Schuttkegel schwappen und eine Flutwelle auslösen könnte. Möglich ist auch, dass das Wasser Schutt mitreisst und sich eine Gerölllawine ins Tal ergiesst. Am Donnerstag wurden bereits weitere Häuser im Tal in Gefahrenzonen geräumt.
Derzeit sei es indes unwahrscheinlich, dass eine Flutwelle das Staubecken bei Ferden überwinde, hiess es an der Medienkonferenz. Allerdings wurden die Orte Gampel und Steg unten im Tal in die Planung einbezogen und auf trotz allem nötige Evakuierungen vorbereitet. Konkret geplant sind diese aber nicht. Die Breite der Schuttablagerung helfe, das Schlimmste zu verhindern, sagte Studer. Man gehe davon aus, dass bei einer Verflüssigung das Staubecken seine Schutzfunktion ausüben könne.
Warum die Behörden relativ machtlos sind: Jegliche Interventionen im Bergsturzgebiet sind derzeit wegen der nach wie vor gefährlichen Lage nicht möglich. Auf beiden Seiten des Tales bestehe die Gefahr von Murgängen, hiess es im Lagebericht des kantonalen Führungsorgans vom Donnerstagmittag. «Wir sind weitgehend zur Observation verdammt», sagte Valentin Werlen, der Gemeindepräsident von Ferden.
Am Kleinen Nesthorn sei die Lage nach wie vor instabil. Betroffen sind mehrere Hunderttausend Kubikmeter Fels. Auch aufgrund des im Tal liegenden Gesteins, Eises und Wassers könne es zu Murgängen kommen. Das Material sei zu instabil.
Ihr seid nicht allein. Die vier Talgemeinden stehen Schulter an Schulter, wir unterstützen euch. Jetzt und auch in der Zukunft.
Der Appell zur Solidarität: «Wenn eine Katastrophe passiert, stehen wir zusammen», sagte die Walliser Staatsrätin Franziska Biner an der Medienkonferenz. Den Wiederaufbau würden weder Blatten noch das Lötschental stemmen können: Da werde es die Solidarität der Bevölkerung der ganzen Schweiz brauchen.
Die Gemeinde Blatten richtete ein Spendenkonto ein, und an der Medienkonferenz wurde auf die Sammlungen von Hilfswerken verwiesen. Der Ferdner Gemeindepräsident Werlen richtete sich an seine Nachbarn aus Blatten: «Ihr seid nicht allein. Die vier Talgemeinden stehen Schulter an Schulter, wir unterstützen euch. Jetzt und auch in der Zukunft».