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Nach dem Nein zum Jagdgesetz Der Streit um den Wolf geht in die nächste Runde

Angst vor dem Wolf: Die neue Richtlinie geht den Wolfsgegnerinnen und -gegnern zu wenig weit.

Heute tritt die revidierte Jagdgesetzverordnung in Kraft. Es ist das Resultat nach dem Nein der Stimmbevölkerung zum Jagdgesetz im September letzten Jahres. Sie sei ein hilfreiches Instrument und ein Schritt in die richtige Richtung. Man sei dank ihr im Umgang mit dem Wolf etwas handlungsfähiger, sagt Hannes Jenny vom Amt für Jagd und Fischerei des Kantons Graubünden: «Handlungsfähig heisst hier auch, Einzeltieren den Bestand zu entnehmen.» Also Wölfe zu schiessen, wenn sie Nutztiere wie Schafe reissen.

Die Schwelle für einen Abschuss wurde in der neuen Verordnung herabgesetzt. Nicht erlaubt ist aber weiterhin die präventive Tötung der Raubtiere. Das war im Jagdgesetz vorgesehen, das vom Stimmvolk im vergangenen September an der Urne abgelehnt wurde. Dass die Diskussion um den Wolf jetzt verstummt, ist nicht zu erwarten, denn das Thema ist zu emotional.

Die Jagdverordnung gehe zu wenig weit

Die Wolfsgegnerinnen und -gegner haben sich in einem Verein organisiert und Umweltministerin Simonetta Sommaruga in einem offenen Brief dazu aufgefordert, rasch Massnahmen gegen die «unkontrollierte Ausbreitung des Wolfes» zu ergreifen. Monika Rüegger, die für die SVP im Nationalrat sitzt und den offenen Brief mitunterzeichnet hat, geht die Jagdverordnung zu wenig weit.

Nationalrätinnen M. Rüegger (SVP), Magdalena Martullo-Blocher (SVP) und Petra Gössi (FDP) an einer Corona-PK im 2020.
Legende: Das Wolfsproblem nehme in den Alpenregionen der Schweiz zu, sagt die SVP-Nationalrätin aus dem Kanton Obwalden. Keystone/Archiv

Sie formuliert ihre Erwartungen so: «Ich erwarte von der Frau Bundesrätin, dass sie das Problem wirklich ernst nimmt und nicht nur mit Pflästerchen probiert, ein bisschen die Leute zu beruhigen. Denn das Wolfsproblem ist ein zunehmendes und grosses Problem für die Alpenregionen.»

Die Wolfspopulation nimmt rasch zu

Allein im letzten Jahr wuchs die Zahl von 77 auf 116 Tiere in der Schweiz. Im Kanton Graubünden, wo fünf der insgesamt elf Wolfsrudel leben, kamen 30 Jungtiere zur Welt. Die Zahl der Wolfsrisse schwankt von Jahr zu Jahr. Die langfristige Tendenz ist steigend. Im Moment sei es aber zu früh, um eine Bilanz zu ziehen, sagt Hannes Jenny vom Amt für Jagd und Fischerei des Kantons Graubünden.

Jenny im grünen Outfit des Amts für Jagd und Fischerei Graubuenden
Legende: Der Bündner Wildbiologe Hannes Jenny mit einem Hirschkalbskelett, das von einem Wolf gerissen wurde. Keystone/Archiv

Der Wildbiologe setzt sich dafür ein, dass Wolf und Landwirtschaft nebeneinander Platz haben. Er betont: «Wenn wir die Wolfssituation in Mitteleuropa anschauen, so haben wir sehr stark den Verdacht, dass da oft die Dynamik unterschätzt wird, die drin steckt. Ich glaube, dass wir früher oder später nicht darum herumkommen, auch hier ein professionelles Wildtier-Management durchzusetzen und mit der Entnahme von weiteren Tieren ausgleichen.» Auf diesem Weg markiert die revidierte Jagdverordnung einen ersten Schritt.

HeuteMorgen, 15.07.2021, 06:00 Uhr

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