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Tanja Stadler: «Wir erkennen, wenn sich eine neue Welle ausbreitet»
Aus HeuteMorgen vom 31.01.2023. Bild: Keystone/Peter Klaunzer
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Nach Ende der Gratistests Wissen wir über die Corona-Lage noch Bescheid, Frau Stadler?

Weiterhin erscheinen jeden Dienstag die Covid-Zahlen des Bundes. Doch wie belastbar sind diese Zahlen noch? Denn seit dem 1. Januar bezahlt der Bund keine Coronatests mehr. Prompt sind die Testzahlen eingebrochen. Die Epidemiologin Tanja Stadler leitet die wissenschaftliche Gruppe, die den Bund in Pandemiefragen unterstützt. Sie erklärt, warum die Wissenschaft die Entwicklung der Corona-Lage weiterhin nachverfolgen kann.

Tanja Stadler

Tanja Stadler

Mathematikerin und Biostatistikerin

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Tanja Stadler präsidierte bis zur Auflösung im Frühling 2022 die wissenschaftliche Corona-Taskforce des Bundes. Seit Ende November ist sie nun die Präsidentin des neuen Covid-Beratergremiums, das Bund und Kantone berät. Es umfasst 14 Mitglieder aus unterschiedlichen Institutionen und Fachbereichen. Tanja Stadler ist Professorin am Departement für Biosystems Science und Engineering an der ETH, das in Basel angesiedelt ist. Die Mathematikerin und Biostatistikerin entwickelt unter anderem Methoden, um die Ausbreitung von Virus-Epidemien zu berechnen.

SRF News: Welchen Sinn haben die Corona-Updates des Bundes noch, wenn weit weniger getestet wird?

Tanja Stadler: Seit 1. Januar 2023 wird ein Test nur noch bezahlt, wenn er einen medizinischen Nutzen hat. Natürlich verzeichnen wir deswegen weniger positive Fälle. Das Ziel der Tests ist nicht mehr, die Pandemie zu überwachen, sondern einen individuellen, medizinischen Nutzen zu generieren. Es geht darum, dass eine Person bei einem positiven Testergebnis eine spezielle medizinische Behandlung bekommt.

Wie gut ist die Schweiz dann noch über die aktuelle Infektionslage im Bilde?

Inzwischen hat man in der Schweiz andere Arten der Überwachung aufgebaut bzw. ausgebaut. Diesbezüglich ist die Abwasserüberwachung sehr wichtig geworden. Mehrmals pro Woche werden in verschiedenen Standorten in der Schweiz Abwasserproben entnommen.

Dabei wird die Konzentration von Sars-CoV-2 – aber auch anderer Viren – im Abwasser erhoben. Wenn diese zu- oder abnimmt, können wir daraus schliessen, dass auch das Infektionsgeschehen zu- oder abnimmt. Bereits im Herbst 2022 wurde sehr viel weniger getestet. Und schon damals war das Abwassermonitoring eine sehr wichtige Methode, um das Infektionsgeschehen zu erheben.

Parallel dazu haben wir das Sentinella-Meldesystem. Dort werden in ausgewählten Haushaltspraxen symptomatische Patienten getestet; daran erkennt man, ob sich Sars-CoV-2 eher mehr oder weniger ausbreitet.

Sind diese Überwachungssysteme ausreichend, um über die pandemische Lage in der Schweiz Bescheid zu wissen?

Diese beiden Methoden erlauben es uns, relativ gut zu erheben, ob die Zahl der Infektionen nach oben oder nach unten geht. Wir erkennen, ob sich eine epidemiologische Welle ausbreitet oder zurückgeht. Die absolute Zahl der Infektionen kann man damit selbstverständlich nicht erheben.

Lohnt sich das Monitoring überhaupt noch?

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Das Abwassermonitoring und das Sentinella-System sind mit Aufwand verbunden. Gleichzeitig ist die Schweizer Bevölkerung gut gegen Sars-Cov-2 immunisiert. Viele Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass Sars-Cov-2 derzeit endemisch wird – und in der jetzigen Form auf einer Stufe mit Grippeviren einzuordnen wäre.»

Tatsächlich werde das Virus in der epidemiologischen Dynamik immer ähnlicher zu anderen respiratorischen Erregern, sagt auch Stadler. «Aber: Auch für diese Erreger ist es wichtig zu wissen, wie sich die Dynamik entwickelt.» Im Herbst sei es zum Beispiel auch wichtig gewesen, die Dynamik der Influenza und von RSV zu kennen.

Stadler schliesst: «Nur, wenn wir all diese Erreger beobachten, können wir beurteilen, wie stark die Belastung des Gesundheitssystems zunehmen wird und was wir machen können.»

Ist es gefährlich, wenn die Dunkelziffer der Fälle höher ist und wir nicht genau über die Infektionslage Bescheid wissen?

Zum einen muss man festhalten, dass wir über die gesamte Pandemie nie ganz genau wussten, wie hoch die Dunkelziffer ist. Wir haben nie alle Menschen getestet, die potenziell infiziert waren. Wenn man die Dunkelziffer genau erfassen möchte, müsste man eine ausgewählte Gruppe der Bevölkerung immer wieder testen. Dann würde man sehen, wie viele Menschen positiv sind.

Gesundheitspolitisch stellt sich die Frage, ob man überhaupt wissen muss, wie hoch die Dunkelziffer ist. Für die meisten Interventionen der letzten Jahre reichte es aus, zu wissen, wie sich die Dynamik entwickelt: Sehen die Daten danach aus, dass es noch oben oder nach unten geht? Parallel dazu ist es wichtig zu wissen, welche Varianten zirkulieren: Besteht die Gefahr, dass eine neue, potenziell gefährlichere Variante aufkommt?

Das Gespräch führte Nicolas Malzacher.

Heute Morgen, 31.01.2023, 6:11 Uhr;

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