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Nach Ja zur Initiative Der Bund übernimmt das Zepter beim Verhüllungsverbot

Am Abend nach der verlorenen Abstimmung über das Verhüllungsverbot gab es für Justizministerin Karin Keller-Sutter eigentlich keinen Zweifel. Umgesetzt werden müsse der Entscheid des Stimmvolks jetzt von den Kantonen.

Doch die Initianten und die Kantone selbst sahen das anders. Keller-Sutter streckte darauf hin ihre Hand aus: Wenn die Kantone bereit seien, auf eine Umsetzung zu verzichten, könne der Bund diese Aufgabe übernehmen.

Volkswillen rasch umsetzen

Genau dies sei nun geschehen, wie die Justizministerin gegenüber Radio SRF erklärt. Die verfassungsmässige Kompetenzordnung sei an und für sich zwar klar: Die Polizeihoheit liege bei den Kantonen. Das habe der Bundesrat in der Botschaft und den Beratungen im Parlament betont.

Für mich ist es wichtiger, dass der Volkswille respektiert und die Verhüllungsinitiative umgesetzt wird, als dass wir jetzt einfach die reine Lehre durchziehen.
Autor: Karin Keller-Sutter Justizministerin

«Wir haben jetzt aber auch festgestellt, dass die Kantone einhellig auf diese Kompetenz zur Umsetzung des Verhüllungsverbots verzichten», so die Justizministerin. Deshalb sei der Bund bereit, Hand zu bieten und auf Bundesebene im Strafrecht eine entsprechende Bestimmung zu erlassen.

Die Kantone allerdings stellen das ein bisschen anders dar. Man habe auf nichts verzichtet, betont der St. Galler Sicherheitsdirektor Fredy Fässler als Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren.

Initiative soll rasch umgesetzt werden

«Wenn der Bund ein Verbot erlassen kann, dann ist er auch zuständig für die Umsetzung», betont Fässler. Nur dann sei garantiert, dass schweizweit die gleichen Regeln gelten würden und nicht noch Referenden in den Kantonen gegen diese Regeln eingereicht würden.

Nur so könne die Initiative möglichst bald umgesetzt werden, sagt Fässler. Das ist auch für Bundesrätin Keller-Sutter das wichtigste Anliegen: «Für mich ist es wichtiger, dass der Volkswille respektiert und die Verhüllungsinitiative umgesetzt wird, als dass wir jetzt einfach die reine Lehre durchziehen.»

Kantonale Regelungen hinfällig

Dass der Bund federführend sein werde, habe für die Kantone aber seinen Preis, betont die Bundesrätin. Die Kantone würden bei Verhüllungsfragen künftig keinen zusätzlichen Spielraum mehr haben, denn die Initiative gebe die Eckwerte klar vor und die Bundesregelung im Strafrecht werde abschliessend sein.

Keller-Sutter bestätigt: «15 Kantone haben eine Regelung zum Vermummungsverbot, zwei zusätzlich zum Verhüllungsverbot. Diese Regelungen würden hinfällig und die Kantone müssten sie dann eigentlich ausser Kraft setzen.»

Kantonsvertreter Fässler stimmt dem zu. In den kantonalen Vermummungsverboten sei heute noch das sogenannte «Opportunitätsprinzip» verankert, das es der Polizei ermögliche, in gefährlichen Situation nicht eingreifen zu müssen – zum Beispiel, wenn Pyros in einer Fankurve gezündet würden. Das würde dann wegfallen.

Vorlage bis zum Sommer

Das würde zum Beispiel auch für Regelungen in kantonalen Gesetzen gelten, die heute noch Ausnahmen vom Vermummungsverbot vorsehen. So kann zum Beispiel im Kanton Bern heute noch eine Gemeinde das Vermummungsverbot aufheben, wenn «achtenswerte Gründe» vorliegen, wie es im bernischen Gesetz über das kantonale Strafrecht heisst. Das wäre in Zukunft dann nicht mehr möglich.

Das Bundesamt für Justiz im Departement von Bundesrätin Keller-Sutter hat mit den Arbeiten für Anpassungen des Bundesstrafrechts bereits begonnen. Bis zum Sommer soll die Vorlage ausgearbeitet sein, die dann vom Parlament genehmigt werden muss.

Info3, 26.03.2021,17 Uhr

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