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Nach Suizid in Zelle Basler Strafgericht spricht vier Gefängnisaufseher frei

  • Das Basler Strafgericht hat am Freitag drei Aufseher und eine Aufseherin des Untersuchungsgefängnisses Waaghof in Basel freigesprochen.
  • Dennoch hätten die Aufseher durch ihr Handeln die Sorgfaltspflicht verletzt.
  • Die Staatsanwaltschaft hatte ihnen fahrlässige Tötung durch unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen.

Den Freispruch begründete das Gericht mit der fehlenden Kausalität. Zwar sei unbestritten, dass die Aufseherin und die Aufseher gemäss ihrer Fürsorgepflicht dazu verpflichtet gewesen wären, den Suizid der Insassin zu verhindern. Es sei letztlich aber nicht «mit hoher Wahrscheinlichkeit» nachweisbar, ob die erst verspätet geleistete Hilfe für den Tod verantwortlich gewesen sei.

Die Frau hatte sich im Juni 2018 in einer Überwachungszelle im Basler Untersuchungsgefängnis mit ihrem Trainer-Oberteil zu erhängen versucht. Die Strangulierte war erst nach etwa fünf Minuten entdeckt worden. Die Aufseher und die Aufseherin befreiten die bewusstlose Insassin zwar aus der Schlinge, liessen sie aber für gut zehn Minuten liegen, ohne dringend angesagte Hilfe zu leisten respektive Reanimationsmassnahmen einzuleiten. 

Zelle mit Bett
Legende: In einer solchen Zelle wollte sich die Frau mit ihrem Traineroberteil erhängen. SRF

Im Prozess hatten die vier Beschuldigten ihre damalige Passivität damit begründet, dass sie anfänglich davon ausgegangen seien, dass die Insassin ihren Suizidversuch und ihre Bewusstlosigkeit nur vorgespielt habe. Der Gerichtspräsident konnte dieser Argumentation wenig abgewinnen. Die Aufseherin und die Aufseher hätten merken müssen, dass die schmerzhafte Lage, in der die nun Verstorbene liegengelassen worden sei, im Bewusstseinszustand nicht durchzuhalten gewesen wäre. «Es ist krass, wie Sie die Frau so im Stich lassen konnten», sagte er.

Suizid in Gefängnis – Der Fall

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Im Sommer 2018 wurde eine abgewiesene Asylsuchende ins Basler Untersuchungsgefängnis Waaghof verlegt. Nach einer unruhigen Nacht, in der sie wiederholt herumgeschrien hatte, wurde sie in eine Zelle für Personen mit besonderem Überwachungsbedarf verlegt.

Am Mittag befestigte sie gemäss Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ihr Traineroberteil an einem Griff des Zellenfensters und liess sich in die Schlinge fallen. Nach sechseinhalb Minuten wurde ein Mitarbeiter in der Überwachungszentrale aufmerksam und alarmierte die Wärter.

Diese stellten fest, dass die Frau noch lebte, verliessen die Zelle aber wieder. Erst eine Viertelstunde später begann einer der Wärter mit Reanimationsmassnahmen und alarmierte die Sanität, die weitere zehn Minuten später eintraf.

Die Frau starb zwei Tage später im Unispital.

Das Gericht sprach die vier Gefängnismitarbeitenden deshalb nicht von jeglicher Schuld frei. Es sah in hohem Masse eine Verletzung der Sorgfaltspflicht gegeben. Deshalb erlegte das Gericht den drei Aufsehern und der Aufseherin die Zahlung der Kosten für das Vorverfahren auf. 

Die Staatsanwaltschaft hatte für die drei Aufseher bedingte Haftstrafen zwischen sieben und neun Monate Haft beantragt. Für die Aufseherin hatte sie eine bedingte Geldstrafe gefordert.

Suizidgedanken? Hier finden Sie Hilfe

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Erwachsene: Dargebotene Hand/Sorgentelefon

  • Telefon (rund um die Uhr): 143
  • Mail und Chat:  www.143.ch

Kinder und Jugendliche: Pro Juventute

  • Telefon (rund um die Uhr) und SMS: 147
  • Mail und Chat:  www.147.ch

Weitere Informationen

SRF1 Regionaljournal Basel 27.08.2021 12:03 Uhr ; 

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