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Nach tödlichem SBB-Unfall Herr Meyer, ist das Verhältnis zu den Gewerkschaften zerrüttet?

Vor zwei Wochen war ein Zugbegleiter am Bahnhof Baden (AG) wegen eines defekten Einklemmschutzes am Wagentyp EW IV mitgeschleift worden und ums Leben gekommen. Das Sicherheitsdispositiv der SBB rückt seither vermehrt in den Fokus der Politik und SBB-Chef Andreas Meyer sieht sich mit Forderungen konfrontiert. Nun nimmt er Stellung:

Andreas Meyer

CEO SBB

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Andreas Meyer ist seit dem 1. Januar 2007 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Er ist 1961 in Basel geboren und studierte an den Universitäten Basel und Freiburg Rechtswissenschaften. Der Sohn eines Eisenbahners arbeitete während seines Studiums als Wagenreiniger bei der SBB. Seine berufliche Laufbahn begann 1990 als Rechtskonsulent bei ABB. Zwischen 1997 und 2006 arbeitete Meyer in verschiedenen Positionen bei der Deutschen Bahn AG.

SRF News: Andreas Meyer, Sie waren über eine Stunde lang bei der ständerätlichen Verkehrskommission. Was waren die Hauptfragen und Forderungen an Ihre Adresse?

Andreas Meyer: Es ging selbstverständlich um diesen tragischen Unfall, aber auch um Fragen beim Güterverkehr und beim internationalen Personenverkehr. Die Kommission wollte primär wissen, ob wir diesen tragischen Unfall auch ernst genug nehmen. Ob wir auch ein produktives Sicherheitssystem haben und was wir jetzt ganz konkret tun. Ich habe auch eine Verkehrskommission vorgefunden, die weiss, es lassen sich nie alle Risiken ganz ausschliessen.

Was war die Botschaft an die Kommission?

Ich habe vor allem berichtet und aufgezeigt, worauf sich die Task Force konzentriert: die Überprüfung all dieser Türen, des Schliesssystems, des Abfahrtprozesses beim EW IV. Wie üblich, wenn man bei einem Flottenteil etwas sieht, schaut man auch die anderen Flotten an. Das ist eine Riesen-Arbeit, die geht auch nicht von heute auf morgen. Und wir überprüfen das Meldewesen: ob es hier allenfalls irgendwelche Hinweise gab, denen man nicht konsequent genug nachgegangen ist.

Man hat im Moment den Eindruck, das Verhältnis zu den Gewerkschaften ist sehr zerrüttet. Wie beurteilen Sie das?

Der Ton der Gewerkschaften hat sich über die letzten zehn Jahre doch merklich verändert. Sie sind oft mit Lösungen schneller als wir das sein können. Wir müssen jeweils auch die Arbeit unserer Mitarbeitenden respektieren. Da haben die Gewerkschaften eine etwas grössere Narrenfreiheit und sie können auch etwas mehr spekulieren.

Was mich persönlich gestört hat war, dass man diesen tragischen Fall zum Anlass genommen hat, gewerkschaftliche Forderungen zu stellen. Das hielt ich für deplatziert. Aber ich denke, es ist auch dem Schock zuzuschreiben, unter dem alle ein bisschen standen.

Jetzt ist die Politik auf die SBB aufmerksam geworden und mischt sich ein. Was tun Sie, damit das System so stabil wird, dass die SBB privatwirtschaftlich funktionieren kann?

Die SBB funktioniert auch heute. Ich glaube, es ist wichtig, Red und Antwort zu stehen, wie unser Sicherheitssystem funktioniert. Und dass sich Verwaltungsrat, Konzernleitung und alle Ebenen regelmässig mit fest definierten Aufgaben und Verantwortlichkeit in diesem System auseinandersetzen.

Es gilt jetzt, diese anspruchsvolle Situation zu bewältigen und wie bei jedem Unfall zu schauen, ob man Lehren daraus ziehen kann für diesen Flottentyp oder für anderes Rollmaterial.

Das Gespräch führte Georg Häsler.

So reagieren die Kommissionsmitglieder

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Schild über einer Türe, Kommissionszimmer 3

Der tragische Tod eines Zugbegleiters hat für viel mediale Aufmerksamkeit gesorgt und auch generelle Fragen zur Sicherheit aufgeworfen. Bundesbern gibt nun Entwarnung: Die SBB nehme die Probleme ernst und sei fähig, sie selber zu lösen, so der Konsens in der ständerätlichen Verkehrskommission, die SBB-Chef Andreas Meyer befragt hat. Punkto Sicherheit habe er glaubwürdig gewirkt, so der Bündner CVP-Ständerat Stefan Engler. «Ich habe keinen Zweifel, dass das im Konzern oberste Priorität hat.» Auch Josef Dittli, FDP-Ständerat aus dem Kanton Uri, ist der Meinung, die SBB nehme diese Sicherheitsfrage ernst und kümmere sich darum: «Herr Meyer hat uns das sehr glaubwürdig aufgezeigt. Ich bin zuversichtlich, dass es auch so klappt.»

SP-Ständerat Paul Rechsteiner pflichtet seinen Ratskollegen bei, reagiert aber auch auf Meyers Kritik, die Eisenbahnergewerkschaft SEV habe mit ihrer Forderung nach einer Gewinnbeteiligung des Personals pietätlos gehandelt. Er bringt dies in Zusammenhang mit dem Salär des Bahnchefs, das über eine Million beträgt. «Ich glaube, dass der CEO der SBB jedes Mal extrem unsachlich wird und auch etwas die Contenance verliert, wenn es um sein Salär geht. Es ist einfach nicht in Ordnung, wenn ein Manager eines Bundesunternehmens etwas in dieser Grössenordnung kassiert.»

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