«Grundsätzlich ist für die Sicherheit auf der Piste der Betreiber zuständig», sagt Fritz Anthamatten. Er ist Rechtsanwalt und Präsident der Kommission für Rechtsfragen auf Schneesportabfahrten von Seilbahnen Schweiz. Der Betreiber muss also für die Sicherheit der Skifahrenden bauliche Massnahmen ergreifen, Lawinensprengungen durchführen lassen oder Pisten sperren.
Mutter Natur oder fahrlässig gehandelt?
Kommt es doch zu einem Unglück, dann gibt es eine zentrale Frage für die Beurteilung, sagt Anthamatten: War es ein Spontanabgang oder wurde sie durch Drittpersonen ausgelöst? Drittpersonen können Tourenfahrer oder Freerider sein. Falls sie Sperrungen oder Anweisungen der Betreiber missachtet haben und so zum Beispiel oberhalb der Piste eine Lawine auslösen, dann werden sie haftbar, so der Experte weiter.
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Bild 1 von 6. Am Tag nach dem Lawinenniedergang ist die Suche eingestellt worden. Es wurden keine weiteren Verschütteten gefunden. Bildquelle: kapo vs.
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Bild 2 von 6. Die Schneemassen haben sich am Dienstag gegen 14:15 Uhr an einem Steilhang des Tubang (2826 m ü. M.) oberhalb von Crans-Montana in der Skiregion Plaine Morte gelöst. Bildquelle: kapo vs.
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Bild 3 von 6. Insgesamt hatte der Lawinenkegel mit einer Länge von 840 Metern, einer Breite von 100 Metern und einer Höhe von mehreren Metern ein gewaltiges Ausmass. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 6. Die Lawine verschüttete unter dem Gipfel Tubang die Piste Kandahar, die von der Plaine Morte nach Montana führt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 6. Die Walliser Justiz leitete eine Untersuchung zu den Ursachen und Umständen des Lawinenabgangs ein. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 6. Eine Person war schwer verletzt geborgen worden – sie ist später im Spital verstorben. Drei weitere Personen kamen nach dem Lawinenabgang mit leichten Verletzungen davon. Bildquelle: Keystone.
Wurde die Lawine aber nicht durch Drittpersonen ausgelöst, steht eine weitere Frage im Raum: Diejenige der Vorhersehbarkeit einer Lawine. Um diese Frage zu beantworten, wird nach einem Unglück meist ein Gutachten erstellt, beispielsweise vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos.
Gutachten über die Wetterverhältnisse
In einem solchen Gutachten werden Faktoren wie die Gelände- und Neuschneeverhältnisse, Sonneneinstrahlung und Wetterentwicklung berücksichtigt. Kommt das Gutachten zum Schluss, die Lawine sei vorhersehbar gewesen, kann darauf gestützt Anklage erhoben werden.
Kommt das Gutachten aber zum gegenteiligen Schluss, also dass die Lawine trotz Berücksichtigung all dieser Faktoren nicht vorhersehbar gewesen war, handle es sich um höhere Gewalt, sagt Anthamatten. Und das heisst: «Dem Pistenchef oder Sicherheitsverantwortlichen der Gesellschaft kann kein Vorwurf gemacht werden. Es begründet somit auch keine Haftung.»
Boden bleibt im Winter warm
Wegen der Klimaerwärmung wird es künftig wohl vermehrt solche Nassschneelawinen geben. «Die Nasschneelawinen werden zu einem Problem – und das mitten im Hochwinter», sagt Peter Schwitter, Experte für Naturgefahren. «Früher war der Boden im Oktober, November beinhart gefroren. Heute beobachten wir häufiger, dass der Boden nicht gefroren ist.»
Die Nasschneelawinen werden zu einem Problem – und das mitten im Hochwinter.
Bei Schneefall werde die Wärme isoliert, so Schwitter, auf dem Boden entsteht eine Art Gleitschicht. Und so eine Lawine. Diese Entwicklung müsste natürlich in die Gefahren-Beurteilung der Bahn-Betreiber miteinfliessen, ob sie allenfalls eine Piste sperren müssten oder nicht, sagt Fritz Anthamatten. Doch für die Beurteilung der Haftfrage ändere sich dadurch nichts.