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Nach Unterschriften-Skandal Unterschriftensammeln für Initiativen wird doch noch digital

Vor 20 Jahren hatte sich der Bundesrat dafür ausgesprochen, dass Unterschriften für Volksinitiativen auch digital gesammelt werden können. Doch bis jetzt ist praktisch nichts passiert. Nach dem Unterschriftenskandal steht nun das sogenannte E-Collecting vor dem Durchbruch.

«Grüezi! Darf ich Sie kurz aufhalten für die Demokratie-Initiative?» – «Ich habe keine Zeit!»

Unterschriften sammeln ist noch immer Handarbeit – mit Stift und Papier und derzeit mühseliger denn je. Das zeigt sich vor dem Bundeshaus, als Initiantin Nadra Mao und ihre Mitstreiterinnen für die Demokratie-Initiative unterwegs sind. «Momentan ist es harzig. Wir sammelten vor dem Unterschriftenskandal etwa 20 bis 30 Unterschriften pro Stunde. Jetzt sind es noch 10.»

Ein Mann unterschreibt einen Unterschriftenbogen.
Legende: Nadra Mao (links) hat vor dem Bundesplatz in Bern Erfolg. Ein Mann lässt sich von ihr für eine Unterschrift überzeugen. SRF

Die Initiative steht auf der Kippe. Es fehlen noch tausende Unterschriften. Der Skandal um gefälschte Unterschriften bremst sie und auch andere Volksinitiativen aus. Für die Initianten würde es alles einfacher machen, wenn sie auch online auf Unterschriftenjagd gehen könnten. Der Bundesrat hatte sich einst dafür ausgesprochen. Und im Parlament gab es Vorstösse dazu.

Andere Prioritäten

Digital Unterschriften zu sammeln ist aber immer noch nicht möglich. Der Bund begründet dies damit, dass er die Arbeiten im Bereich der Digitalisierung anders priorisiert hatte. Konkret wurde der Fokus auf das E-Voting, also das digitale Abstimmen und Wählen gelegt.

Demokratie-Aktivist Daniel Graf setzt sich seit vielen Jahren für E-Collecting ein. Für ihn ist das Parlament verantwortlich dafür, dass es bis anhin damit nicht geklappt hat: «Es gab aus der Politik immer wieder Stimmen, die davor warnten, das digitale Unterschreiben möglich zu machen», so Graf. Man habe befürchtet, dass es dadurch mehr Initiativen und Referenden gegeben hätte und somit das Parlament an Macht verlieren würde.

Neuer Anlauf für E-Collecting

Nun nimmt das Parlament einen weiteren Anlauf. Es scheint, dass den Politikerinnen und Politikern mittlerweile viel daran liegt. Insgesamt sieben National- und Ständeräte fordern, dass ein Pilotprojekt zum digitalen Sammeln von Unterschriften gestartet wird. Angeführt werden sie von Gerhard Andrey von den Grünen und Matthias Michel von der FDP.

Widerstand kommt einzig von der SVP. So befürchtet etwa Nationalrat Gregor Rutz, dass die Zahl der benötigten Unterschriften für eine Initiative oder ein Referendum erhöht wird, sollte das digitale Unterschriftensammeln eingeführt werden. «Das ist nicht im Sinne der direkten Demokratie», sagt er.

FDP-Ständerat Matthias Michel widerspricht und verweist auf die E-ID, also den elektronischen Identifikationsnachweis, der im übernächsten Jahr eingeführt werden soll. Damit könne man beim digitalen Unterschreiben sicher identifiziert werden, «dass tatsächlich ich es bin, der die Initiative unterschreibt».

Breite Unterstützung für Pilotprojekt

Das von den Politikern geforderte Pilotprojekt unterstützen fast alle Parteien. Damit steht das E-Collecting nach Jahren des Stillstands vor dem Durchbruch. Bis Unterschriften nicht mehr mit Stift und Papier gesammelt werden müssen, dauert es aber noch. Da die E-ID wohl erst 2026 eingeführt wird, startet auch das Pilotprojekt frühestens dann.

Das digitale Unterschriftensammeln kommt für die Initianten der Demokratie-Initiative damit zu spät. Immerhin bleibt ihnen noch bis Ende Oktober Zeit, genügend gültige Unterschriften einzuholen.

10vor10, 18.09.2024, 21:50 Uhr; widb

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