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Nachfolge Didier Burkhalter «Arena»: Wer wird Bundesrat?

In der «Arena» diskutieren die sieben Parteipräsidenten über die Bundesrats-Ersatzwahl. Für viele Parlamentarier zählt vor allem die Vertretung des Tessins, für andere die Vertretung der Frauen im Bundesrat. Aber wie steht es aus mit den Kompetenzen für dieses Amt?

In der Privatwirtschaft werden Kandidaten für ein Exekutivamt einem strengen Assessment (Auswahlverfahren) unterzogen. Darauf angesprochen, erklärt Petra Gössi , im Sommer seien die Kandidaten von «vorn bis hinten durch die Presse gezogen» worden: «Das ist zwar kein Assessment, aber auch das muss man durchstehen können!»

In der «Arena» diskutieren

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Für einen Bundesrat herrschten schon etwas andere Begebenheiten als in der Privatwirtschaft, meint Gerhard Pfister . Aber trotz Unterschiede seien alle drei Kandidaten wählbar. «Offen ist, ob es in der CVP-Fraktion eine Wahlempfehlung geben wird. Ganz sicher ist aber, dass wir keinen Vierten wählen.»

Albert Rösti pocht auf die Bundesverfassung: «Die Regionen sind zu vertreten. Das Tessin hat Anspruch und darum hat sich eine grosse Mehrheit für Cassis entschieden.» Er sei aber enttäuscht, dass FDP die Auswahl auf die lateinische Schweiz beschränkt habe.

Gössi verteidigt das Dreier-Ticket, denn die FDP sei in der lateinischen Schweiz die stärkste Partei: «Traditionsgemäss hatte die FDP immer einen lateinischen Sitz neben einem Deutschschweizer [im Bundesrat]. Das darf man nicht einfach so durchbrechen.»

Natürlich sei es die Aufgabe der Parteipräsidentin, ihre Kandidaten zu loben, stellt Christian Levrat fest. Er sei da etwas kritischer, denn die Qualität eines Bundesrats sei seine Eigenständigkeit und die Fähigkeit, äusserem Druck zu widerstehen. «Da haben wir aber zwei Personen, die sich als Lobbyisten ausgezeichnet haben: Cassis mit den Krankenversicherungen und Moret für die Spitäler.»

(K)eine Frau aus dem Tessin

Regula Rytz vermisst ein Zweier-Ticket aus dem Tessin und kann nicht verstehen, warum die ehemalige Staatsrätin Laura Sadis nicht nominiert wurde.

Die SP habe immer zwei Frauen auf das Ticket genommen, betont Levrat: «Ich mache mir Sorgen, dass Sommaruga bald die einzige Frau im Bundesrat sein wird.»

Gössi stellt klar, dass Sadis nicht zur Verfügung stand und auch von der Kantonalpartei nicht unterstützt wurde. Die SVP habe mit Norman Gobbi einen Tessiner Kandidaten aufgestellt, aber «über das Anliegen des Tessins ging die Bundesversammlung einfach hinweg.»

Pfister gibt zu bedenken, dass Levrats Diffamierung von Cassis und Moret als Lobbyisten das Miliz-System verkenne. Denn auch «bei der SP gibt es viele Lobbyisten für linke Anliegen.» Und an Gössi gerichtet, habe man bei Bundesrat Burkhalter wirklich vermisst, dass er zumindest die eigene Fraktion hinter sich habe: «Zwischen der FDP und ihrem Bundesrat gab es eine grosse Distanzierung.»

«Bundesrat werden und Bundesrat sein ist etwas ganz Anderes», wirft Martin Landolt ein. Gewählt werde die Person mit den meisten Stimmen und nicht zwingend die fähigste Person. Seit Sessionsbeginn sei ihm aber aufgefallen, dass man nun vor allem frage: Wem traut man es am besten zu, im Bundesrat seine Rolle zu finden und gegen Druck resistent zu bleiben.

Kritik an Ignazio Cassis

Bei Ignazio Cassis hält Levrat nicht mit Kritik zurück. Das Problem sei nicht, dass Cassis Mandate der Privatwirtschaft habe, sondern wie er diese Mandate mit seinem Amt vereinbare. «Ich habe FDP-Parlamentarier gekannt, die als direkt Betroffene in den Ausstand getreten sind. Aber Cassis vertrat die Krankenkassen und war gleichzeitig Präsident der Gesundheitskommission!»

Gössi hinterfragte daraufhin die Rolle aller SP-Nationalräte mit Verbandstätigkeiten, die etwa als Gewerkschafter dann auch nicht mehr in den entsprechenden Kommissionen sitzen dürften.

Andere Massstäbe für Isabelle Moret

Seit 1848 seien 7 Männer aus dem Tessin Bundesrat geworden – und 7 Frauen, erklärt Rytz. «Männer sind der Normalfall, Frauen die Abweichung.»

Levrat kritisiert vor allem die Art und Weise, wie Deutschschweizer Medien Isabelle Moret behandelt hätten. Sie sei als ‹Baby aus der Westschweiz› betitelt worden, mit Artikeln über ihre Kinder. «Moret musste sich über ihre Kinder erläutern. Und von der FDP-Spitze hört man nichts!»

Gössi betont, dass die FDP-Leitung nicht für eine Person Partei nehmen wollte. «Eine Ausmarchung bedeutet auch, sich auch von Profis unterstützen zu lassen. Und man muss es auch prästieren.»

Differenzen mit Pierre Maudet

Bei Maudet gehen die Meinungen auseinander. Rösti erinnert daran, dass Maudet Mitglied der Neuen Europäische Bewegung Schweiz (NEBS) sei und für einen EU-Beitritt plädiere: «Bei der EU-Frage haben wir eine klare Differenz.»

Er müsse lachen, wenn er höre, dass Maudet als «zu links» bezeichnet werde, sagt Levrat: «Er hat in der Westschweiz den Übernamen ‹kleiner Sarkozy›, weil er im Bereich ‹law and order› einen knallharten Kurs fährt.» Im Übrigen sage aber Maudet über die EU etwa das Gleiche wie der Bundesrat.

Neuer Bundesrat – neuer Aussenminister

Für Pfister spricht einiges dafür, dass der neue Bundesrat auch Aussenminister wird. Zwei FDP-Kandidaten gälten als Vertreter des bilateralen Wegs, Maudet hingegen wolle in die EU.

Ob Alain Berset (SP) der bessere Aussenminister als Didier Burkhalter wäre, fragt Pfister. Er hätte mit Berset Schwierigkeiten, weil die SP erklärtermassen in die EU wolle. Die FDP ziehe hingegen eine Stärkung des bilateralen Wegs vor. Die Vorstellungen Burkhalters über ein Rahmenabkommen seien nicht mehrheitsfähig.

Auch für Rösti sind die Erwartung der SVP an einen neuen Aussenminister klar: Eine deutliche Absage an die EU und ein Rahmenabkommen.

Jürg Grossen reisst dabei fast der Faden, wie er sagt: «Das ist eine absolut wirtschaftsschädliche Position , wenn man das sagt!» Die Bilateralen müssten weiterentwickelt werden. Für jeden «Seich» direkte Verhandlungen mit der EU zu machen, schade der Schweizer Wirtschaft.

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Levrat gibt zu bedenken, dass der Wert der Bilateralen laufend schwinde. Es sei notwendig, die Verträge mit einem Rahmenabkommen zu erneuern. Das Anbiedern der FDP-Kandidaten an die SVP gefalle ihm gar nicht und er erwarte, dass «ein Neuer im Aussendepartement in sechs Monaten von der SVP als Verräter betitelt wird».

Zur Rochade in den Departementen äussert schliesslich Rytz noch einen Wunsch. Sie sähe Alain Berset lieber nicht im Aussendepartement, sondern im Departement des Innern: «Weil dort wichtige sozialpolitische Fragen gelöst werden müssen. Das möchte ich nicht der FDP oder SVP überlassen.»

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