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Nachfolger von Urs Schwaller Christian Levrat wird neuer Verwaltungsratspräsident der Post

  • SP-Urgestein Christian Levrat verlässt Ende September das Parlament.
  • Der 50-jährige Freiburger Ständerat ist vom Bundesrat zum neuen Verwaltungsratspräsidenten der Schweizerischen Post ernannt worden.
  • Er ersetzt den ehemaligen CVP-Politiker Urs Schwaller, ebenfalls Freiburger.

Die Wahl des ehemaligen SP-Präsidenten Levrat ist eine Überraschung, hatte dieser in den vergangenen Monaten doch seine Ambitionen für einen Sitz in der Freiburger Regierung angemeldet. SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga nominierte ihn gleichzeitig als Post-Verwaltungsratspräsidenten. Der Bundesrat folgte am heutigen Mittwoch diesem Vorschlag.

Levrat ist seit Jahrzehnten mit der Post verbunden. Zu Beginn seiner Karriere amtete er beispielsweise als Post-Gewerkschafter und kritisierte das bundesnahe Unternehmen regelmässig für Abbaupläne.

Mann spricht im Parlament
Legende: Die definitive Wahl Levrats soll am 27. April erfolgen. Dann findet die Delegiertenversammlung der Post statt. Anfang Dezember soll er dann die Nachfolge von Urs Schwaller antreten. Keystone

Zusammen mit der damaligen Konsumentenschutz-Präsidentin Sommaruga setzte sich Levrat 2004 in Bern für die Annahme der «Poststellen-Initiative» ein. Auch als Ständerat befasste sich Levrat regelmässig mit der Post. Nun übernimmt er selber die strategischen Zügel des Bundesunternehmens.

Damit endet auch seine parlamentarische Karriere: Levrat wird gemäss Mitteilung des Bundesrats Ende September 2021 als Ständerat zurücktreten. Die SP verliert eines ihrer wichtigsten Steckenpferde in der kleinen Kammer.

Der Freiburger bedankte sich vor den Medien in Bern für das Vertrauen des Bundesrats. «Diese Funktion lässt sich aber nicht mit einem politischen Mandat vereinbaren, weswegen ich darauf verzichte.»

Post im Umbruch

Levrat erwartet viel Arbeit. Die Post stehe vor grossen Herausforderungen, sagte Postministerin Sommaruga: Das geänderte Kundenverhalten und die fortschreitende Digitalisierung führen zu einem kontinuierlichen Rückgang der Briefmengen und der Zahlungsverkehrsgeschäfte am Schalter. Die Paketmengen wachsen zwar aufgrund von E-Commerce, die Margen sind hier jedoch tief, und die Konkurrenz nimmt zu. Diese Entwicklungen wurden durch die Corona-Pandemie noch verstärkt.

Die Erträge der Post nehmen unter diesen Voraussetzungen laufend ab. «Die eigenwirtschaftliche Finanzierung der Grundversorgung ist gefährdet», schreibt der Bundesrat. Die Post habe mit ihrer Strategie für die Jahre 2021-2024 erste Massnahmen eingeleitet und stehe vor einem grossen Transformationsprozess.

Levrat als Brückenbauer

Laut dem Bundesrat ist Levrat der richtige Mann zur Bewältigung dieser Aufgaben. Profunde Branchenkenntnis, Verständnis für den Service public und ein politisches Netzwerk seien zentrale Anforderungen für den Posten, sagte Sommaruga.

Er sei mit seiner politischen Erfahrung als National- und Ständerat des Kantons Freiburg sowie seiner langjährigen Tätigkeit in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) und als amtierender Präsident der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) ein profunder Kenner der bundesnahen Unternehmen.

Der Jurist und Politikwissenschaftler, der vor der Übernahme des SP-Präsidiums für die Flüchtlingshilfe sowie in leitenden Funktionen für Gewerkschaften tätig war, verfüge zudem über ausgewiesene Führungsqualitäten. Ausserdem sei er national und international sehr gut vernetzt und zeichne sich durch ein exzellentes Verständnis für die Schweiz mit ihren unterschiedlichen Sprachen und Kulturen aus, so der Bundesrat.

Einschätzung von Bundeshausredaktor Oliver Washington:

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Bürgerliche und Wirtschaftsvertreter reagierten «überrascht, irritiert und erschreckt» auf den Entscheid. Levrat erfülle zwar die von Bundesrätin Sommaruga genannten Kritieren, habe aber null Erfahrung bei einem Konzern. Viele sind überzeugt, dass Levrat das Parteibuch geholfen habe, was Sommaruga heftig dementierte.

Die Gewerkschaften erhoffen sich nun wohl zu Recht, dass ein Ex-Post-Gewerkschafter die Anliegen der Angestellten besser hört. Sie betonen aber, dass nicht Levrat über eine Privatisierung von Postfinance entscheidet. Levrat dürfte Sommaruga aber klargemacht haben, dass eine Privatisierung mit ihm schwer zu haben sei. Für SP-Co-Präsident Cédric Wermuth ist die Wahl eine Absage an die Privatisierung.

Wie richtungsweisend die Wahl für Postfinance ist, kann noch nicht beantwortet werden. Eine vom Bundesrat eingesetzte Arbeitsgruppe berät bis Ende Jahr. Ohne Privatisierung bleiben zwei zentrale Fragen: Was darf die Postfinance künftig, und wie wird die Grundversorgung finanziert?

SRF 4 News, 15.30 Uhr ; 

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