Auch wenn sich Seewasser bei diesen Temperaturen an der Oberfläche erwärmt, in der Tiefe ist es konstant zwischen 4 und etwa 7 Grad. Dieses Potenzial wollen auch die Zuger WWZ nutzen.
Sie bauen für 100 Millionen Franken eine neue Seewasseranlage – sie soll bald Gebäude in der Stadt und in Baar kühlen. «Mit dem Seewasser sparen wir im Sommer fast 100 Prozent des CO2 ein, welches wir mit einer konventionellen Anlage produzieren würden», sagt der Geschäftsführer der WWZ, Andreas Widmer.
Das Prinzip ist einfach: Über ein Rohrsystem wird kaltes Wasser vom See zur Seewasserzentrale transportiert, wo es im so genannten Wärmetauscher Wasser in einem anderen System kühlt. Dieses wird dann in die Gebäude geleitet, um sie so zu kühlen. Im Winter kann die Anlage analog als Wärmepumpe genutzt werden. So können Gebäude über das Netz auch geheizt werden.
Seewasser zur Kühlung boomt
Seewasser für die Kühlung von Gebäuden – keine neue Idee: In Genf werden die Gebäude der Palais des Nations und ein grosser Teil der Stadt so gekühlt, ebenso der Supercomputer der ETH in Lugano. Momentan erleben solche Seewasser-Kraftwerke aber einen Boom: Am Vierwaldstättersee werden ebenfalls zwei neue Anlagen gebaut, bald werden es schweizweit 29 grössere Anlagen sein.
Das Potenzial der Schweizer Seen sei nahezu unerschöpflich, sagt Wissenschaftler Diego Hangartner. Er leitet eine Forschungsgruppe des Bundesamts für Energie zum Thema. Der jetzige Boom sei kein Zufall. «Die Energiestrategie 2050 des Bundes verlangt nach solchen Lösungen», sagt der Wissenschaftler an der Luzerner Hochschule.
Dereinst mehr Kälte denn Wärme gefragt
Der Kältebedarf werde exponentiell zunehmen. Im Tessin würde dereinst übers Jahr gesehen gar mehr Kühlung denn Heizung nötig. Heute mache es für die Energieversorger zudem kaum mehr Sinn, in konventionelle, fossile Lösungen zu investieren.
Das eidgenössische Wasserforschungsinstitut EAWAG hat die Auswirkungen solcher Seewasser-Anlagen auf das Ökosystems untersucht. Wichtig sei zum Beispiel, dass die Wassertemperatur nicht zu stark ansteige, damit Fische weiterhin genug Sauerstoff bekommen. «Simulationen haben gezeigt, dass die Erwärmung des Wassers im Moment minimal und unbedenklich ist», bestätigt Diego Hangartner.
Kühles Seewasser wird also zunehmend zum Ersatz für strombetriebene Klimaanlagen und fossile Heizungen – und das nachhaltig.