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Namensänderung der CVP Weg mit dem C – und ab durch die Mitte?

Vor einem Jahr hat sich die CVP-Basis für einen Namenswechsel entschieden – eine Bilanz mit Politologe Claude Longchamp.

Am 27. Oktober 2020 geschah Historisches in der Schweizer Parteienlandschaft: Über 60 Prozent der Mitglieder der damaligen CVP sprachen sich in einer Urabstimmung für einen Namenswechsel aus. Aus der Christlich-Demokratischen Volkspartei CVP wurde «Die Mitte».

Einen Monat später wurden an der Delegiertenversammlung in Bern Nägel mit Köpfen gemacht: Die Namensänderung – samt Fusion mit der BDP – war beschlossene Sache. Das Wählerpotenzial der «Mitte» bezifferte Parteipräsident Gerhard Pfister damals auf 20 Prozent – bei den eidgenössischen Wahlen 2019 waren es bei der CVP bescheidene 11.4 Prozent gewesen. Die BDP holte damals 2.4 Prozent.

Hat sich der Namenswechsel für die Partei bereits ausbezahlt? Für eine definitive Bilanz sei es noch zu früh, urteilt der Politologe Claude Longchamp. «Der Durchbruch für eine bessere, stärkere und aufstrebende Partei ist aber noch nicht geglückt – das war aber auch nicht zu erwarten.»

Noch keine grosse Aufbruchsstimmung

Im aktuellen SRG-Wahlbarometer kommt die «Mitte» auf 13.3 Prozent. Die Fusion aus ehemaliger CVP und BDP verlor also gegenüber den letzten Wahlen sogar leicht.

Befragungszeitraum: 29. September bis 3. Oktober 2021Stichprobenfehler: ± 1.3 Prozentpunkte Quelle: Sotomo im Auftrag der SRG SSR Wähleranteile Parteien Wahlabsicht (in Prozent) SVP 26.6 SP 15.8 FDP 13.6 Die Mitte 13.3 Grüne 13.2 GLP 9.8 EVP 2.1

Das Ziel, die Grünen und FDP durch den Zusammenschluss abzuhängen, wurde vorderhand nicht erreicht.

Befragungszeitraum: 29. September bis 3. Oktober 2021Stichprobenfehler: ± 1.3 Prozentpunkte Quelle: Sotomo im Auftrag der SRG SSR Gewinne und Verluste in Prozentpunkten im Vergleich zu den Nationalratswahlen 2019 SVP +1.0 SP -1.0 FDP -1.5 Die Mitte -0.5 Grüne 0 GLP +2.0 EVP 0

Longchamp gibt zu bedenken, dass Fusionsprojekte immer damit zu kämpfen haben, dass nicht alle mitziehen. Zum einen die Konservativen, die im Fall der ehemaligen CVP noch dem «C» nachtrauern. Bei der BDP wiederum macht der Politologe eine «Implosionsgefahr» in den Kantonen aus: «Sie hat durch den Anschluss mit der grösseren Partei auch etwas ihre Identität aufgegeben.»

Der «Mitte» fehlt es an Profil

Mit der Namensänderung sollten allerdings auch neue Wählerschichten erschlossen werden. Die Partei müsse ihr religiöses Image abstreifen, sagte Parteichef Pfister in seiner Rede vor den Delegierten im letzten Jahr. «Wir haben den Sprung aus den Stammlanden heraus nie geschafft, weil wir als katholische oder besonders religiöse Partei wahrgenommen werden.»

Das «C» im Namen erschwerte es demnach, Themen und Inhalte auch ungebundenen Wählerinnen und Wählern schmackhaft zu machen. Die «offensichtlichste Schwäche» der neuen «Mitte»-Partei ortet Longchamp aber gerade darin, dass sich inhaltlich wenig verändert hat.

Gerhard Pfister
Legende: Mit dem mediengewandten Parteipräsidenten Gerhard Pfister und weiteren namhaften Politikerinnen und Politikern hat «Die Mitte» für Longchamp durchaus Profil. An Konturen fehle es aber dem politischen Programm. Keystone

«Man will ein bisschen fortschrittlich sein, dazu solidarisch und staatstragend. Es ist gut, dass man diesen Wertehimmel aufzeigen kann, aber es braucht auch ein politisches Programm», erklärt Longchamp. Doch bislang werde mehr oder minder das bekannte CVP-Programm weitergelebt. «Es ist der Wunsch, aus der politischen Mitte heraus regieren zu können und einen gewissen Ausgleich in sozialen und gesellschaftspolitischen Fragen machen zu können.»

Jungpartei profitiert von Namensänderung

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Für Parteipräsident Pfister ist klar: Ohne das «C» im Namen wird die Partei vor allem auch für die jungen Wählerinnen und Wähler attraktiver. Dem stimmt Politologe Longchamp zu: «Ich bin überzeugt, dass die ‹Junge Mitte› die Gewinnerin aus diesem Prozess ist. Die Bindung an die katholische Kirche ist mit dem Namenswechsel verschwunden.»

Dies habe bei jüngeren Menschen, die wenig mit der konfessionellen Prägung der CVP anfangen konnten, den Startschuss gegeben sich mit der Jungpartei zu beschäftigen. Und auch die «Junge Mitte» wirkt befreit: «Sie tritt sehr aktiv und emanzipiert auf, nimmt eigene Themen auf und macht ihre eigenen Aktionen.» Dies allerdings im Vergleich zur Juso oder dem Jungfreisinn auf ungleich tieferem Niveau: Denn diese Jungparteien mobilisieren nach wie vor stärker.

Themen und Inhalte, die auch neue Wählerinnen und Wähler begeistern könnten, seien aber noch Mangelware. Schliesslich fehlt es Longchamp hier auch noch am Gestaltungswillen im politischen Tagesgeschäft: «Bislang dominiert immer noch die Frage: Was machen SP, SVP und auch FDP – und dann wählt meinen Kurs irgendwo dazwischen. Das ist zu passiv, um aus der Mitte heraus attraktiv politisieren zu können.»

Gerade in der auf Konsens bedachten Schweiz gebe es aber durchaus Spielraum für eine Partei, die «Die Mitte» heisst, schliesst der Kenner der eidgenössischen Politik. Und nennt ein Beispiel: «Im Kontext der zutiefst spaltenden Situation um Corona, Zertifikate und Impfungen könnte die ‹Mitte› aufzeigen: Wir können mit beiden Seiten reden und einen Kompromiss im Sinne des Landes herstellen.»  

SRF 4 News, 27.10.2021, 9:16 Uhr ; 

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