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«Netto Null»-Ziel bis 2050 Ständerat heisst Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative gut

  • Das Parlament will mit den Bestimmungen schneller zum «Netto Null»-Ziel 2050 als es mit der Gletscher-Initiative möglich wäre.
  • Der Ständerat hat den Gesetzesentwurf aus dem Nationalrat in den Grundzügen gutgeheissen.
  • Zur Debatte standen das Gesetz über die Ziele im Klimaschutz und Fördermassnahmen.

Ausgearbeitet hat die Vorschläge die Umweltkommission des Nationalrates. Dieser hat im Sommer zugestimmt. Der Ständerat hiess die Gesetzesvorlage mit 39 zu vier Stimmen gut und nutzte das Momentum für eine Solar-Offensive.

Solarzwang für neue Gebäude

Der Ständerat will einen Solarzwang für neue Gebäude und erleichterte Bewilligungen für Fotovoltaik-Grossanlagen auf freien Flächen in den Bergen. Dazu schuf er auf Antrag von Beat Rieder (Mitte/VS) eine zusätzliche Vorlage. Die Mehrheit wollte das Momentum zugunsten von mehr inländischem Winterstrom nutzen. Dieses ohne Gegenstimme verabschiedete «Gesetz über dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter» sollen die Räte nach dem Willen des Ständerats getrennt vom indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative behandeln, in der laufenden Session bereinigen und für dringlich erklären.

«Ohne diese Abspaltung verlieren wir das Momentum für eine kurzfristige Mehrproduktion», sagte Rieder. Der Plan ist, dass das neue Gesetz nach der Herbstsession in Kraft tritt und bis Ende 2025 gilt. Danach soll es vom Mantelerlass zur Energie- und Stromversorgung abgelöst werden, den das Parlament zurzeit berät.

SP-Ständerat Roberto Zanetti (links) diskutiert mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga über die Gletscher-Initiative.
Legende: SP-Ständerat Roberto Zanetti (links) diskutiert mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga über die Gletscher-Initiative. KEYSTONE/Alessandro della Valle

Alpine Fotovoltaik-Anlagen will der Ständerat schnell voranbringen, mit einer einmaligen Vergütung von 50 bis 60 Prozent vom Bund an die Investitionskosten und einer beschleunigten Bewilligung. Bedingung ist, dass die Anlage jährlich mindestens zehn Gigawattstunden Strom liefert, davon mindestens 45 Prozent im Winterhalbjahr.

Und es muss schnell gehen: Ende 2025 müssen die Anlagen mindestens teilweise am Netz sein. Auch Energieministerin Simonetta Sommaruga hiess das Vorgehen gut. «Wir kommen in der Energiepolitik nur weiter, wenn alle bereit sind, einen Schritt aufeinander zu tun», sagte sie und plädierte für ein Signal an die beunruhigte Bevölkerung.

Weit weniger zu reden gab im Rat der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Während diese auf Verbote und einen Absenkpfad in der Verfassung setzt, will das Parlament mit im Gesetz verankerten konkreten Verminderungs- und Etappenzielen die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen auf «Netto Null» im Jahr 2050 erreichen.

Ständerat heisst Verminderungsziele gut

Mit den Verminderungszielen war die Mehrheit der Umweltkommission des Ständerats (Urek-S) einverstanden. Bis 2040 müssen die Emissionen gegenüber 1990 um 75 Prozent zurückgehen, so weit als möglich durch die Reduktion des Treibhausgas-Ausstosses im Inland. Bund und Kantone müssen spätestens bis 2050 Speicher für Kohlestoff im In- und Ausland bereitstellen, damit das «Netto Null»-Ziel erreicht werden kann.

Die Gletscher-Initiative: Darum geht es

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Das fordert die Initiative : Die Initiative «Für ein gesundes Klima» (Gletscher-Initiative) verlangt, dass die Schweiz ab 2050 nicht mehr Treibhausgase ausstossen darf als natürliche und technische CO₂-Speicher aufnehmen können («Netto-Null-Ziel»). Auch sollen ab diesem Zeitpunkt in der Schweiz grundsätzlich keine fossilen Brenn- und Treibstoffe (Öl, Gas, Benzin oder Diesel) mehr in Verkehr gebracht werden dürfen. Ausnahmen wären möglich bei Anwendungen, für die es keine technischen Alternativen gibt.

Das wollte der Bundesrat : Der Bundesrat unterstützte zwar das «Netto-Null-Ziel» der Initiative. In einem direkten Gegenentwurf schlug er aber vor, auf ein grundsätzliches Verbot fossiler Energieträger zu verzichten. Zudem sollte die besondere Situation der Berg- und Randgebiete berücksichtigt werden. Denn diese seien mit dem öffentlichen Verkehr schlechter erschlossen als städtische Gebiete.

Das hat der Nationalrat beschlossen: Auf Antrag seiner Umweltkommission hat er einen eigenen indirekten Gegenentwurf zur Initiative verabschiedet. Klimaschutz-Massnahmen an Gebäuden sollen mit zwei Milliarden über zehn Jahre unterstützt werden, solche bei Unternehmen mit bis zu 1.2 Milliarden Franken über sechs Jahre.

Anders als die Initiative definiert der Gegenentwurf Zwischenziele. So sollen die Treibhausgasemissionen in der Schweiz bereits 2040 um 75 Prozent gegenüber 1990 sinken.

Das beantragt die Umweltkommission des Ständerats: Zusätzlich zu den vom Nationalrat beschlossenen Fördermassnahmen will sie den Bau von grossen Photovoltaik-Anlagen in den Alpen ermöglichen. Zudem sollen in Zukunft sämtliche Neubauten in der Schweiz obligatorisch mit einer Solaranlage ausgestattet werden müssen.

Zwischenziele sollen gemäss Nationalrat auch für die Hausbesitzer, den Verkehr und die Industrie gelten.

Finanzhilfen bewilligt

Wie der Nationalrat bewilligte der Ständerat insgesamt 3.2 Milliarden Franken für ein Impulsprogramm für den Ersatz fossiler Heizungen und Sanierungen sowie für ein Förderprogramm zugunsten neuer Technologien. Das erste Programm soll über zehn Jahre zwei Milliarden Franken erhalten, das zweite über sechs Jahre 1.2 Milliarden Franken.

Rendez-vous, 15.09.2022, 12:30 Uhr ; 

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