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Debatte im Nationalrat Gegenentwurf zur Gletscher-Initiative: Alle gegen die SVP

Der Nationalrat hat am Dienstag mehrere Stunden über einen indirekten Gegenentwurf zur Gletscher-Initiative debattiert. Die Detailberatung geht morgen weiter. Die Fronten verlaufen gleich wie damals beim CO₂-Gesetz.

Fast auf den Tag genau vor einem Jahr hat das Schweizer Stimmvolk das CO₂-Gesetz beerdigt. Jetzt nimmt das Parlament einen neuen Anlauf, um den Klimaschutz im Gesetz zu verankern. Der Nationalrat debattiert über einen indirekten Gegenentwurf zur sogenannten Gletscher-Initiative. Die Vorlage verlangt bei den CO₂-Emissionen ein Netto-Null-Ziel bis 2050.

Die Gletscher-Initiative: Darum geht es

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Eisbär hält ein Schild: Wir haben keinen Planeten B (Greenpeace)
Legende: Keystone

Das fordert die Initiative: Die Initiative «Für ein gesundes Klima» (Gletscher-Initiative) schreibt vor, dass die Schweiz ab 2050 nicht mehr Treibhausgase ausstossen darf als natürliche und technische CO₂-Speicher aufnehmen können («Netto-Null-Ziel»). Auch sollen ab diesem Zeitpunkt in der Schweiz grundsätzlich keine fossilen Brenn- und Treibstoffe (Öl, Gas, Benzin oder Diesel) mehr in Verkehr gebracht werden dürfen. Ausnahmen wären möglich bei Anwendungen, für die es keine technischen Alternativen gibt.

Das schlägt der Bundesrat vor: Die Initiative geht ihm zu weit. Er beantragt dem Parlament einen direkten Gegenentwurf. Dieser sieht zwar auch Netto-Null CO₂-Emissionen bis 2050 vor. Der Bundesrat verzichtet aber auf ein grundsätzliches Verbot fossiler Energieträger. Er will zudem, dass neben der Sozialverträglichkeit der Klimapolitik auch die spezielle Situation der Berg- und Randgebiete berücksichtigt werden. Denn diese seien mit dem öffentlichen Verkehr schlechter erschlossen als städtische Gebiete.

Der Gegenentwurf hält in einem neuen Verfassungsartikel überdies fest, dass die nationale Sicherheit nicht negativ beeinträchtigt werden dürfe: Armee, Polizei und Rettungsdienste sollen bei Bedarf auf fossile Treibstoffe zurückgreifen können.

Das will die Umweltkommission des Nationalrats: Der Nationalrat hat beschlossen, mit einer eigenen Gesetzesvorlage auf die «Gletscher-Initiative» zu reagieren. Statt auf Verbote setzt dieser indirekte Gegenentwurf auf Fördermassnahmen. Klima-Investitionen von Unternehmen sollen mit bis zu 1.2 Milliarden Franken über 6 Jahre unterstützt werden, solche bei Gebäuden mit 2 Milliarden über 10 Jahre.

Anders als die Initiative definiert der Gegenentwurf der Umweltkommission des Nationalrats Zwischenziele und Richtwerte für einzelne Sektoren auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel im Jahr 2050. So sollen die Treibhausgasemissionen in der Schweiz bis 2040 um 75 Prozent gegenüber 1990 sinken.

Bei der Abstimmung über das CO₂-Gesetz plädierte die SVP als einzige grosse Partei für ein Nein und setzte sich beim Stimmvolk durch. Jetzt ist die SVP wieder alleine gegen eine Vorlage, die von der Umweltkommission des Nationalrats stammt. Sie soll die Initianten der Gletscher-Initiative dazu bewegen, ihr Volksbegehren zurückzuziehen, weil es nach Ansicht der Mehrheit des Nationalrats zu radikal ist.

Widerstand von rechts

Doch dieser Gegenvorschlag der Kommission sei ebenfalls eine Mogelpackung, findet SVP-Nationalrat Michael Graber. «Sie retten mit diesem indirekten Gegenentwurf keinen einzigen Zentimeter Gletscher.» Und Parteikollege Christian ergänzt: «In Tat und Wahrheit geht es um Umverteilung. Es geht um Bevormundung und es geht um Verteuerung.»

Konkret sieht der Gegenvorschlag wie die Gletscher-Initiative ein Netto-Null-Ziel bei den Treibhausgasemissionen bis 2050 vor. Er definiert aber bereits ein Zwischenziel fürs Jahr 2040 und Richtwerte für einzelne Sektoren wie Gebäude oder die Industrie. Anders als die Initiative setzt der Gegenvorschlag nicht auf das Verbot von fossilen Treibstoffen, sondern er will den Ersatz von Heizungen und die Förderung von neuartigen Technologien mit 3.2 Milliarden Franken unterstützen.

Gerade in Zeiten des Kriegs in der Ukraine sei das umso dringender, findet SP-Nationalrätin Nadine Masshardt. «Wir müssen noch entschiedener auf den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz setzen. Wir wollen mit dem Import fossiler Energien keine Kriege mitfinanzieren.» Kurt Egger (Grüne) betont: «Es ist mehr als fünf vor zwölf. Wir müssen möglichst rasch aus Öl und Gas aussteigen.»

Hier gehe es um mehr als die Rettung der Gletscher, hält auch Barbara Schaffner von den Grünliberalen fest: «Es geht um eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder, Enkel und Urenkel. Und das weltweit.»

Unterstützung von FDP und Mitte

Nicht nur die Linksparteien, auch die beiden bürgerlichen Parteien Mitte und FDP sehen Handlungsbedarf. Einfach Nichtstun sei keine Option, sagt Mitte-Vertreterin Priska Wismer-Felder. «Probleme, die man konsequent ignoriert, verschwinden nur, um Verstärkung zu holen.»

Auch die FDP ist dabei, wenn auch ohne grosse Begeisterung, wie Matthias Manuel Jauslin bekannt gibt: «Das Rahmengesetz ist nicht perfekt, aber es ist pragmatisch.» Der Nationalrat hat denn auch den Antrag der SVP, nicht auf das Gesetz einzutreten, sehr deutlich mit 135 zu 52 Stimmen abgelehnt. Weil die Zeit für die Detailberatung am Dienstag nicht ausreichte, wird die Debatte am Mittwoch fortgesetzt.

Rendez-vous, 14.06.2022, 12:30 Uhr

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