Fast auf den Tag genau vor einem Jahr hat das Schweizer Stimmvolk das CO₂-Gesetz beerdigt. Jetzt nimmt das Parlament einen neuen Anlauf, um den Klimaschutz im Gesetz zu verankern. Der Nationalrat debattiert über einen indirekten Gegenentwurf zur sogenannten Gletscher-Initiative. Die Vorlage verlangt bei den CO₂-Emissionen ein Netto-Null-Ziel bis 2050.
Bei der Abstimmung über das CO₂-Gesetz plädierte die SVP als einzige grosse Partei für ein Nein und setzte sich beim Stimmvolk durch. Jetzt ist die SVP wieder alleine gegen eine Vorlage, die von der Umweltkommission des Nationalrats stammt. Sie soll die Initianten der Gletscher-Initiative dazu bewegen, ihr Volksbegehren zurückzuziehen, weil es nach Ansicht der Mehrheit des Nationalrats zu radikal ist.
Widerstand von rechts
Doch dieser Gegenvorschlag der Kommission sei ebenfalls eine Mogelpackung, findet SVP-Nationalrat Michael Graber. «Sie retten mit diesem indirekten Gegenentwurf keinen einzigen Zentimeter Gletscher.» Und Parteikollege Christian ergänzt: «In Tat und Wahrheit geht es um Umverteilung. Es geht um Bevormundung und es geht um Verteuerung.»
Konkret sieht der Gegenvorschlag wie die Gletscher-Initiative ein Netto-Null-Ziel bei den Treibhausgasemissionen bis 2050 vor. Er definiert aber bereits ein Zwischenziel fürs Jahr 2040 und Richtwerte für einzelne Sektoren wie Gebäude oder die Industrie. Anders als die Initiative setzt der Gegenvorschlag nicht auf das Verbot von fossilen Treibstoffen, sondern er will den Ersatz von Heizungen und die Förderung von neuartigen Technologien mit 3.2 Milliarden Franken unterstützen.
Gerade in Zeiten des Kriegs in der Ukraine sei das umso dringender, findet SP-Nationalrätin Nadine Masshardt. «Wir müssen noch entschiedener auf den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz setzen. Wir wollen mit dem Import fossiler Energien keine Kriege mitfinanzieren.» Kurt Egger (Grüne) betont: «Es ist mehr als fünf vor zwölf. Wir müssen möglichst rasch aus Öl und Gas aussteigen.»
Hier gehe es um mehr als die Rettung der Gletscher, hält auch Barbara Schaffner von den Grünliberalen fest: «Es geht um eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder, Enkel und Urenkel. Und das weltweit.»
Unterstützung von FDP und Mitte
Nicht nur die Linksparteien, auch die beiden bürgerlichen Parteien Mitte und FDP sehen Handlungsbedarf. Einfach Nichtstun sei keine Option, sagt Mitte-Vertreterin Priska Wismer-Felder. «Probleme, die man konsequent ignoriert, verschwinden nur, um Verstärkung zu holen.»
Auch die FDP ist dabei, wenn auch ohne grosse Begeisterung, wie Matthias Manuel Jauslin bekannt gibt: «Das Rahmengesetz ist nicht perfekt, aber es ist pragmatisch.» Der Nationalrat hat denn auch den Antrag der SVP, nicht auf das Gesetz einzutreten, sehr deutlich mit 135 zu 52 Stimmen abgelehnt. Weil die Zeit für die Detailberatung am Dienstag nicht ausreichte, wird die Debatte am Mittwoch fortgesetzt.