Grüne Tannen säumen die Hänge, neben Alphütten weiden Ziegen. Mittendrin: 27 Maste, zwischen 75 und 90 Meter hoch und durch Leitungsseile miteinander verbunden.
Hier, zwischen Mörel-Filet und Ernen im Goms im Oberwallis, entsteht eine neue Höchstspannungsleitung – ab Ende 2025 soll sie in Betrieb sein.
Der Hintergrund: In Schweizer Berggebieten soll künftig deutlich mehr Strom produziert werden – mit höheren Staumauern und grossen alpinen Solaranlagen. Um diesen wegzuführen, muss das bestehende Stromnetz ausgebaut werden.
380 Kilovolt sind ein Muss
Im Wallis ist der Handlungsbedarf besonders gross – der Kanton gehört zu den wichtigsten Energieproduzenten der Schweiz. Bereits heute gibt es Engpässe im Netz und die Kraftwerksbetreiber müssen ihre Produktion regelmässig drosseln. Darum eben: die neue Höchstspannungsleitung, die sogenannte «Gommerleitung».
«Wir wollen die Energie aus den Wasserkraftwerken und den geplanten alpinen Photovoltaik-Anlagen von den Alpen ins Mittelland transportieren», sagt Mediensprecher Jan Schenk. «Dort sind die Verbraucherzentren.»
In Zukunft werde das Wallis noch mehr Energie aus erneuerbaren Energien produzieren. «Darum müssen wir das Netz heute fit machen für die Zukunft», sagt Schenk. Die Höchstspannung in der neuen Leitung beträgt 380 Kilovolt, ältere Leitungen haben eine Spannung von 220 Kilovolt. Für die langfristige Versorgungssicherheit der Schweiz ist die Verstärkung laut Swissgrid unerlässlich.
Wir müssen das Netz heute fit machen für die Zukunft
Eine Stromleitung sei vergleichbar mit einer Autobahn, sagt Schenk: «Die 220-Kilovolt-Leitung kann man sich als zweispurige Autobahn vorstellen. Künftig brauchen wir jedoch mindestens dreispurige Autobahnen mit 380 Kilovolt. Eine 220-Kilovolt-Leitung kann die Energie aus einem mittelgrossen Wasserkraftwerk abführen. Zum Vergleich: Eine 380-Kilovolt-Leitung kann die Energie eines grossen Pumpspeicherkraftwerks abführen.»
Voraussetzung: stark und schwindelfrei
Der Bau dieser Höchstspannungsleitungen ist anspruchsvoll. Oder wie Baustellenleiter Stefano Reinhard sagt: «ein Knochenjob». Die Monteure arbeiten in schwindelerregender Höhe, jeder sitzt in einem kleinen Wagen mit Rollen hoch oben an den Leitungen.
Dank dieser Rollen können die Monteure die Wagen vorwärts ziehen und alle 40 Meter einen Abstandhalter montieren, damit sich die Stromkabel nicht berühren. «Man muss schwindelfrei sein und starke Arme haben», sagt Stefano Reinhard.
Der Bau der «Gommerleitung» kommt also gut voran. Nur: Gänzlich unumstritten ist er nicht. Bereits in der Planungsphase gab es Kritik an der wuchtigen Anlage.
Gemeinde will Stromleitungen verschieben
Dies illustriert ein weiteres Beispiel aus Leukerbad, wo eine weitere Höchstleistungsleitung die Elektrizität über den Gemmipass ins Berner Mittelland bringt. Auch diese Leitung braucht künftig mehr Power. «Wir sind ja nicht prinzipiell gegen diese Leitung, sie ist wichtig für die Landesversorgung. Aber wir fordern, dass man sie leicht verschiebt», sagt Christian Grichting, Gemeindepräsident von Leukerbad.
Zurück ins Goms: Gemäss heutiger Projektplanung soll der Strom auf dem Streckenabschnitt Mörel-Filet und Ernen Ende 2025 fliessen. Im Oberwallis hat Swissgrid sieben Netzprojekte. Der Abschnitt zwischen Ernen und Mörel-Filet kostet das Unternehmen rund 36 Millionen Franken.