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Netzneutralität unter Druck Telekomanbieter halten nichts von Transparenz-Vorschriften

Werden alle Daten gleich behandelt oder sollen Internet-Nutzer etwas mehr erfahren? Auch in der Schweiz wird gestritten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Netzneutralität ist in der Schweiz nicht im Gesetz verankert, doch der Bundesrat plant eine Transparenzregel im neuen Fernmeldegesetz.
  • Schweizer Telekomanbieter wehren sich und sehen mit ihrem Verhaltenskodex die Gleichbehandlung gesichert.
  • Befürworter einer Regulierung wiederum sehen ohne gesetzlichen Rahmen die Netzneutralität in Gefahr.

Zur Netzneutralität gibt es in der Schweiz derzeit keine gesetzliche Regelung. Derzeit würden Fernmeldedienst-Anbieter wie Swisscom oder Cablecom in der Schweiz aber ohnehin schon alle gleich behandeln, bekräftigte Bundespräsidentin Doris Leuthard erst vor wenigen Wochen vor den Bundeshausmedien: «Im Moment haben wir keine Anzeichen, dass in der Schweiz die Netzneutralität verletzt wird. Deshalb haben wir uns auch entschieden, dass wir jetzt keine gesetzliche Regelung brauchen.»

Transparenzregel als Minimum?

Was ist Netzneutralität?

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Netzneutralität bedeutet, dass alle Daten im Internet gleich behandelt werden müssen – egal welchen Zweck sie haben, woher sie kommen und wohin sie gehen. Internet-Anbieter dürfen also keinen Einfluss auf die Datenströme in ihren Netzen nehmen, sondern müssen sämtliche Daten im Rahmen ihrer Möglichkeiten so schnell als möglich weiterleiten.

So möchte der Bundesrat im neuen Fernmeldegesetz das Thema Netzneutralität nur eher sanft regulieren – mit einer Transparenzvorschrift. Demnach müssten Fernmeldedienstanbieter ihre Kunden künftig darüber informieren, welche Daten sie wie schnell transportieren. Weiterreichende Vorschriften soll es keine geben.

Das genüge nicht, sagt der grüne Nationalrat Balthasar Glättli, den das Thema seit langem umtreibt. Die Transparenzvorschrift bedeute einfach, «dass wir aus der Pfahlbauersituation mit überhaupt keiner Regulierung dorthin kommen, wo die USA jetzt hingekommen ist: Transparenzvorschriften ohne jegliche Regulierung.» Das sei schlecht für Internet-Nutzerinnen und -Nutzer, betont Glättli.

Tekekom-Branche für Selbstregulierung

Ganz anders die Telekombranche: Ihr geht die vom Bundesrat vorgeschlagene Transparenzvorschrift zu weit. Die Branche verweist auf die Selbstregulierung. Dabei verpflichten sich die vier grössten Anbieter in einer Art Verhaltenskodex zu einem offenen Internet, wie der Schweizerische Verband der Telekommunikation (Asut) schreibt.

Die Befürworter von schärferen Regeln wie Glättli hingegen bezeichnen den Kodex als reine Marketing-Massnahme. Ob der Bundesrat den offensichtlich tiefen Graben mit seiner Transparenzvorschrift zuschütten kann, ist offen.

Erste Antworten gibt es bald: Anfang nächsten Jahres beschäftigt sich die zuständige Nationalratskommission mit dem neuen Fernmeldegesetz – und damit auch mit dem Thema Netzneutralität.

EU-Digitalkommissar: «Wir werden die Netzneutralität in Europa weiter schützen»

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Ungeachtet einer entgegengesetzten Entscheidung der US-Behörden will die EU-Kommission am Prinzip der Netzneutralität im Internet festhalten. «Wir werden die Netzneutralität in Europa weiter schützen», teilte der für den Digitalmarkt zuständige Vizepräsident der Brüsseler Behörde, Andrus Ansip, am Freitag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.
«Das Recht, einen offenen Zugang zum Internet ohne Diskriminierung oder Beeinträchtigung (wie Blockade oder Verlangsamung) zu erhalten, ist im EU-Recht verankert, schreibt Ansip. Die EU hatte 2015 Regeln zum Erhalt der Netzneutralität beschlossen. Die US-Aufsichtsbehörde FCC hatte dagegen am Donnerstag die Regel aufgehoben, wonach das Internet als öffentliche Dienstleistung allen gleichberechtigt zur Verfügung gestellt werden muss.

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