In Kolumbien haben die Farc-Rebellen ihre Waffen abgegeben. Die Rebellen haben rund 70 Prozent des Drogenhandels und des Kokainanbaus im Land kontrolliert. Das Geschäft wird nun von der Drogenmafia übernommen. Experten befürchten, dass wegen der veränderten Machtverhältnisse eine Kokainschwemme nach Europa gelangen könnte.
Diese Angst teilt Christian Schneider nicht: Er ist Experte für Drogenmärkte beim Bundesamt für Polizei (Fedpol).
Im Interview mit SRF sagt Schneider, die weltweite Produktion von Kokain liege nicht viel über dem langzeitlichen Durchschnitt. Die Produktion sei für dieses Jahr etwa ähnlich hoch zu erwarten wie 2016. Schneider glaubt, für Europa sei die globale Produktion ausschlaggebend. Natürlich habe derjenige einen Marktvorteil, der sich die beste Route erschliessen könne. Doch die Produktion in Lateinamerika sei nicht alleine verantwortlich für den Kokain-Konsum in Europa.
«Sehe dem Machtwechsel gelassen entgegen»
Die Nachfrage nach Kokain sei nicht unbegrenzt, betont Schneider. «Der Markt in der Schweiz scheint gegen oben gesättigt.» Es habe in den letzten zehn Jahren keine signifikanten Änderungen gegeben bei der Zahl der Konsumierenden. Schneider glaubt, dass der Preiszerfall massiv sein müsste, damit neue Kundensegmente erschlossen würden.
Schneider glaubt eher, dass der durchschnittliche Reinheitsgehalt des Kokains, das konsumiert wird, steigt. Das macht das Kokain nicht grundsätzlich gesünder. Doch die gesundheitsschädigenden Verschnittstoffe fallen weg. Damit gibt es zwar weniger häufig Leberschädigungen – doch die Süchtigen konsumieren die gleiche Menge einer reineren Droge. Das könne rasch zu Überdosierungen führen. Oder zu Schäden, die bisher noch gar nicht bekannt sind. «Das heisst, wenn wir uns wappnen müssen, dann in erster Linie auf der Ebene der Gesundheit.» Doch auch hier sei die Schweiz gut aufgestellt.
«Ich sehe dem Machtwechsel in Kolumbien gelassen entgegen», so Schneider. Das Produktionsniveau weltweit müsste steigen und es müsste zu einem Preisrutsch kommen am Markt – erst dann könnte die Zahl der Konsumenten zunehmen. «Das sehe ich im Moment aus den vorliegenden Zahlen aber nicht.»