Zum Inhalt springen

Neue bilaterale Verträge Simon Michel – der einsame Kämpfer für bessere Beziehungen zur EU

Die Gewerkschaften und die SVP üben lautstark Kritik an der Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen. Die Befürworter sind dagegen auffallend still. Eine Ausnahme ist der Solothurner Unternehmer und FDP-Nationalrat Simon Michel.

Unternehmer Simon Michel hätte man früher einen klassischen «Patron» genannt. Der 47-Jährige ist Chef und Miteigentümer des Medtech-Unternehmens Ypsomed mit über 2000 Angestellten. Major in der Armee. In Verbänden engagiert. Und seit Dezember auch noch Solothurner FDP-Nationalrat. Die FDP sieht ihn als Hoffnungsträger. Denn er ist einer der wenigen Unternehmer, die sich politisch engagieren und exponieren wollen.

Simon Michel, Ypsomed-CEO, spricht während einer Eröffnungsfeier eine Produktionsstätte.
Legende: Seit 2014 ist Simon Michel der CEO des Medtech-Unternehmens Ypsomed. Im Dezember wurde er im Kanton Solothurn für die FDP in den Nationalrat gewählt. Archiv/Keystone/ANTHONY ANEX

Beim Thema EU lehnt sich Michel weit aus dem Fenster. Vor allem auf den sozialen Medien kämpft Michel für neue bilaterale Verträge. Er tritt an gegen die Gewerkschaften und die SVP. Seine Branche, die Medtech-Industrie, war als erste vom Stillstand des bilateralen Wegs betroffen. Weil die EU das Abkommen über die technischen Handelshemmnisse nicht mehr aufdatierte, musste Michel seine Insulinspritzen und -pumpen im EU-Raum neu zertifizieren lassen.

Das macht die Schweiz unattraktiv, schwerfällig und teuer.
Autor: Simon Michel Geschäftsführer Ypsomed und FDP-Nationalrat (SO)

Zeigt also nicht gerade die Medtech-Industrie, dass sich die Probleme mit der EU selbstständig lösen lassen? «Richtig», meint Simon Michel, aber der Aufwand sei enorm gewesen. «Über tausend Unternehmen mussten ihre Produkte neu zertifizieren lassen.» Das drohe 19 weiteren Branchen in den nächsten Jahren. «Und das macht die Schweiz unattraktiv, schwerfällig und teuer», warnt der Unternehmer.

Die SVP hat ihre Kampagne gegen neue Verträge mit der EU bereits gestartet, noch bevor die Schweiz mit der EU verhandelte. «Es ist der wichtigste Kampf seit der EWR-Abstimmung», sagt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi, «es wäre der schleichende EU-Beitritt». Gewerkschaftschef Pierre-Yves Maillard lehnt das Verhandlungsmandat ab und hat den Verhandlungstisch verlassen. Der Lohnschutz sei nicht garantiert.

Zurückhaltung bei den Befürwortern

Simon Michel kämpft auf der Seite der Befürworter zurzeit ziemlich alleine. Weder die Wirtschaft noch die europafreundlichen Parteien engagieren sich gross. «Die Wirtschaft will die Bilateralen, wenn ich in die Basis reinhöre», beteuert Michel, «das ist der Kern unseres Erfolgs». Es sei eher taktisch, dass sich die Wirtschaft und die FDP noch zurückhalte.

Politbeobachter Michael Hermann hat Zweifel. Den Befürwortern fehle im Vergleich zur SVP und den Gewerkschaften die Energie. «Die Wirtschaft müsste eigentlich klar dafür sein. Aber sie ist nicht bereit, Kompromisse gegenüber den Gewerkschaften zu machen», stellt Hermann fest. «Offenbar wird der Preis dafür als zu hoch eingeschätzt.»

Knackpunkt Lohnschutz

Man sei nicht bereit, die zahlreichen Zusatzforderungen der Gewerkschaften zu erfüllen, bestätigt Simon Michel, der auch Vorstandsmitglied beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ist. Es gehe einzig und alleine darum, den heutigen Lohnschutz zu halten. «Wir werden sicherstellen, dass der Lohnschutz auch in Zukunft garantiert ist», meint Michel.

Die Kampagne der Befürworter einer Weiterentwicklung des bilateralen Wegs werde noch in diesem Sommer Fahrt aufnehmen, versichert Simon Michel. «Wir müssen ganz klar lauter werden», räumt er aber ein.

Allerdings bleibe auch noch etwas Zeit. Das Ergebnis der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU wird frühestens 2026 vor die Stimmbevölkerung kommen.

Tagesschau, 29.03.2024, 19:30 Uhr;kesm

Meistgelesene Artikel