Zum Inhalt springen

Neue historische Forschung Aargauer Adeliger rettete Stammsitz dank Kolonialhandel

Johannes von Hallwyl wurde durch den Kolonialhandel reich. Dies ermöglichte es ihm, den Stammsitz zurückzuholen.

Als Johannes von Hallwyl 1688 zur Welt kommt, sieht es nicht so aus, als ob er weit kommen würde in seinem Leben – schon gar nicht um die halbe Welt.

Seine Familie hat zwar einen Adelstitel, ist aber verarmt: «Johannes von Hallwyl ist in der Stadt Zürich aufgewachsen, unter recht prekären Bedingungen. Seine Familie musste Heimarbeit in der Textilindustrie leisten», sagt Sarah Caspers vom Museum Aargau. Sie hat das Forschungsprojekt zum Aargauer Adeligen geleitet, das nun in Buchform erschienen ist.

Historische Karte von Westindien und Amerika.
Legende: Johannes von Hallwyl reiste mehrmals über den Atlantik. Das Bild zeigt die Karibik auf einer Karte von 1720. Wikimedia Commons

Als Jugendlicher packt von Hallwyl dann aber seine Chance: Er tritt in den Solddienst ein, zuerst für die holländische Krone, später für die französische. Oft die einzige Möglichkeit für Adelige aus Untertanengebieten wie dem Aargau, betont Historikerin Sarah Caspers.

Mit dem Berner Regiment Karrer reist von Hallwyl in die Karibik, in die französische Kolonie Saint-Domingue, das heutige Haiti. Dort steigt er schnell auf und nutzt die Gunst der Stunde.

Keine Plantagen, aber Handel mit Sklaven

Der Schweizer Soldoffizier baut einen Handel auf zwischen der Karibik und Europa – reist auch mehrmals selbst hin und her. Er bringt Kleider, Stoff und Käse nach Saint-Domingue und holt Tabak, Kaffee, Kakao und den blauen Farbstoff Indigo zurück in die Schweiz. So verdient von Hallwyl viel Geld.

Gemälde von einem Mann in Rüstung und einer Frau in Hut und Kleid.
Legende: Wohnten auf dem zurückgewonnenen Stammsitz: Johannes von Hallwyl und seine Ehefrau Bernhardine Elisabeth von Diesbach. Schweizerisches Nationalmuseum, SH-179-0, SH-183-0 (Montage SRF)

Eine alte Familiengeschichte hält fest, dass Johannes von Hallwyl in Saint-Domingue auch Plantagen besessen habe. Dies habe die neue Forschung nicht bestätigen können, sagt Sarah Caspers: «Wir haben in den Quellen keine Hinweise darauf gefunden, dass er eine Plantage besessen hat.»

Er habe aber über Sklaven verfügen können, dies zeige etwa ein Brief: «In diesem Brief bittet ihn ein Berner, vermutlich ein Regimentskamerad, ihn mit neuen versklavten Menschen auszustatten, die anderen seien ihm nämlich abgehauen.»

Keine aussergewöhnliche Geschichte

Box aufklappen Box zuklappen
Frau in gelber Jacke steht neben einem Fenster mit Blick auf einen Fluss und Bäume.
Legende: Projektleiterin Sarah Caspers im Schloss Hallwyl. SRF / Barbara Mathys

Projektleiterin Sarah Caspers hält die Geschichte des Aargauer Adeligen Johannes von Hallwyl nicht für aussergewöhnlich. Es habe auch andere solche Fälle gegeben. Neue Forschung hat in den letzten Jahren die Verstrickung der Schweiz in den Kolonialhandel dokumentiert.

Aber ein aussergewöhnlicher Quellenbestand

Aussergewöhnlich sei bei Johannes von Hallwyl aber die Quellenlage, so Caspers. Für das Forschungsprojekt wurden über 1000 Schriftdokumente, Briefe sowie Handelskorrespondenz ausgewertet.

An der Arbeit war ein Team von Freiwilligen beteiligt, das die Quellen fotografierte und transkribierte, sodass sie für die Forscherinnen und Forscher zur Verfügung standen.

Als von Hallwyl 1737 nach 16 Jahren in die Schweiz zurückkehrt, macht er nicht dort weiter, wo er aufgehört hat. Unterdessen ist er reich und gut vernetzt.

Schliesslich heiratet er als 55-Jähriger die 15-jährige Berner Adelstochter Bernhardine Elisabeth von Diesbach. Mit ihr wohnt er auf Schloss Hallwyl, dem Stammsitz der von Hallwyls, den er wieder zurückgewonnen hat.

Altes Schloss mit Wassergraben und Türmen.
Legende: Das Schloss Hallwyl: Dank dem Reichtum aus dem Kolonialhandel konnte Johannes von Hallwyl den Stammsitz zurück in die Familie holen. Keystone / Gaetan Bally

Johannes von Hallwyl rettet den Stammsitz der Familie: «Das war für ihn persönlich ein grosser Erfolg. Er gilt auch in der Familiengeschichte als der Wiederhersteller des Familienbesitzes des Schloss Hallwyl.»

Kritische Worte finde man keine in der Familiengeschichte, resümiert die Historikerin Sarah Caspers: «Das hat man damals anders angeschaut als heute. Es wurde als Erfolg gewertet, wenn jemand reich geworden ist dank der Ausbeutung von versklavten Menschen.»

Regionaljournal Aargau Solothurn, 16.5.2025, 17:30 Uhr; ledn;sten

Meistgelesene Artikel