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Neue Studie von Pro Senectute Warum verzichten Senioren weiterhin auf Internet und Smartphone?

Eine Studie von Pro Senectute zeigt: Nach wie vor sind viele Seniorinnen und Senioren nicht online. Zwar ist der Anteil jener, die digitale Angebote nutzen, in den letzten Jahren gestiegen, doch noch immer nutzen 11 Prozent weder Internet noch Smartphone. Peter Burri Follath von Pro Senectute zu den Hintergründen.

Peter Burri Follath

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Peter Burri Follath ist Leiter Kommunikation bei der «Pro Senectute Schweiz». Die Organisation wurde bereits 1917 gegründet und setzt sich für alte Menschen ein. Grund der Gründung war damals die Altersarmut, die heutzutage immer aktueller wird.

SRF News: Viele Aspekte des Lebens verlagern sich ins Internet. Was hält alte Menschen dennoch davon ab, online zu sein?

Peter Burri Follath: Bei diesen 11 Prozent, die noch offline sind, stellen wir fest, dass ein Grossteil tatsächlich wieder aus der Digitalisierung herausgefallen ist, das aus bestimmten Gründen einfach nicht will oder sich nie damit auseinandergesetzt hat. Wir gehen davon aus, dass auch in Zukunft noch ein Teil der über 65-, eher aber der über 80- oder 85-Jährigen offline sein wird. Sei dies aus kognitiven Gründen, aus Altersgründen, vielleicht aus Lebenskonzeptgründen.

Was meinen Sie damit, dass viele Menschen auch wieder aus der Digitalisierung herausgefallen sind?

Grundsätzlich ist unser Körper so gebaut, dass er irgendwann zerfällt. Wir bauen ab – kognitiv oder physisch. Die Digitalisierung ist aber nach wie vor stark mit einer gewissen kognitiven Leistung sowie mit physischen Aspekten verbunden. Daher ist es womöglich schwierig, Neuerungen zu lernen, sich bei Updates umzugewöhnen. Für viele Menschen ist das im hohen Alter nicht mehr so einfach möglich oder unmöglich.

Wie soll die Gesellschaft damit umgehen, dass immer noch viele Seniorinnen und Senioren keine digitalen Angebote nutzen?

Zwischen 65 und 75 oder bis 80 und ab 85 haben wir ein ganz anderes Digitalverhalten. Man muss die Strategien entsprechend anpassen. Man muss auf drei Ebenen handeln, und zwar für alle Menschen, auch für Junge: So muss man aufklären und sensibilisieren. Dann, im Alter, braucht es Zeit, sich neues Verhalten anzugewöhnen. Und schliesslich muss man weiterhin Alternativen anbieten.

Ein Grossteil ist wieder aus der Digitalisierung herausgefallen, will aus bestimmten Gründen einfach nicht oder hat sich nie damit auseinandergesetzt.

Ein grosses Thema ist das Bargeld. Eines Tages wird fast niemand mehr Bargeld benutzen. Aber Bargeld wird bleiben. Dieses duale System ist wichtiger, als man denkt. Insbesondere für das gesellschaftliche Zusammenleben. Es ist wichtig, in Notsituationen – wenn zum Beispiel die Systeme aussteigen – wieder auf Bargeld oder andere analoge Geschichten zurückgreifen zu können.

So ist es auch bei der Einführung neuer digitaler Prozesse. Man muss genügend Zeit einberechnen und parallel dazu diesen Übergang hin zu digitalen Lösungen erleichtern. Etwa, indem kostenintensivere Offlinelösungen solange am Leben erhalten werden, bis wirklich alle abgeholt sind.

Parallel analoge Möglichkeiten anzubieten, kostet viel Geld. Warum soll das trotzdem für eine Minderheit der Bevölkerung aufrechterhalten werden?

Wir sprechen nur noch von einer Übergangsphase. In zehn Jahren werden wir praktisch keine physischen Tickets mehr für den öffentlichen Verkehr haben, weil es nicht mehr nötig ist. Aber das ist ein lang eingeübtes Konzept. Das braucht Zeit, etwas mehr, als man gerne hätte. Wirtschaftlich gesehen lohnt sich dieses Investment.

Man muss aufklären und sensibilisieren. Dann braucht es Zeit, sich neues Verhalten anzugewöhnen. Und schliesslich muss man weiterhin Alternativen anbieten.

Immer wieder stellen wir fest, dass gerade diese kleine Anzahl von Menschen, die nicht mehr fähig oder willens ist, digital aktiv zu sein, als Pressure-Group genutzt wird, um digitale Entwicklungen zu verhindern oder zu bekämpfen. Dagegen verwehren wir uns. Das heisst aber nicht, dass wir nur noch eine digitale Gesellschaft wollen. Im Gegenteil. Es braucht beide Ansätze.

Das Gespräch führte Katrin Hiss.

HeuteMorgen, 05.06.2025, 06:00 Uhr ; 

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