- Bei der Modernisierung der Zivilprozessordnung hat das Parlament erste Pflöcke eingeschlagen.
- So können missliebige Medienartikel künftig einfacher mit einer superprovisorischen Verfügung verhindert werden als heute.
- Die Linke ist mit Anträgen zur Kostensenkung für Prozessierende gescheitert.
Zu reden gab im Nationalrat vor allem eine vom Ständerat veränderte Bestimmung zu superprovisorischen Verfügungen, um ungewünschte Medienberichte vorläufig zu verhindern. Heute kann ein Gericht einen Medienbericht stoppen, wenn dieser für die gesuchstellende Partei einen «besonders schweren Nachteil» verursachen kann.
Der Stopp darf aber nur angeordnet werden, wenn kein offensichtlicher Rechtfertigungsgrund für die drohende Rechtsverletzung durch den Medienbericht vorliegt und die Massnahme nicht unverhältnismässig erscheint. Der Bundesrat wollte im Artikel präzisieren, dass der fragliche Medienbericht einen besonders schweren Nachteil verursachen kann oder verursacht.
Angriff auf die Medienfreiheit oder nicht?
Beide Räte strichen nun das Wort «besonders». Damit reicht neben den anderen Kriterien ein «schwerer Nachteil» als Rechtfertigung für das Anordnen einer vorsorglichen Massnahme. Der Nationalrat schloss sich dem Ständerat an. Es gehe um die Interessen der von den Berichten Betroffenen, argumentierten die Befürworter.
Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS) wehrte sich gegen den Vorwurf, die Kommission greife die Medienfreiheit an. Es gebe kein Recht, mit Sensationsgeschichten Existenzen zu zerstören, sagte Judith Bellaiche (GLP/ZH). Rot-Grün hätte auf der Linie des Bundesrates bleiben wollen, unterlag aber mit 81 gegen 99 Stimmen. Raphaël Mahaim (Grüne/VD) und Min Li Marti (SP/ZH) sprachen von einem Angriff auf die Medienfreiheit. Einen Antrag aus der SP, den umstrittenen Artikel aus der Vorlage herauszulösen, lehnte der Rat ebenfalls ab.
Korrekturanträge der Linken gescheitert
Mit 183 zu 1 Stimmen und zwei Enthaltungen hiess der Nationalrat schliesslich in der Gesamtabstimmung die revidierte Schweizerische Zivilprozessordnung gut. Die Zivilprozessordnung müsse laienfreundlich sein, sagte Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS) namens der Rechtskommission. Davon habe sich die Kommission bei ihren Anträgen leiten lassen.
Prozessieren werde für viele Rechtssuchende unerschwinglich bleiben, konstatierte Sibel Arslan (Grüne/BS). Die Linke und auch die SVP wollten mit Minderheitsanträgen Korrekturen anbringen, um die Kosten noch weiter zu senken, unterlagen aber durchwegs.
Die Zivilprozessordnung ist seit Anfang 2011 in Kraft – mit ihr wurden kantonale Bestimmungen landesweit vereinheitlicht. Ziel der Reform ist es, Privaten und Unternehmen den Zugang zu Gerichten zu erleichtern. Unter anderem wird dafür das Prozesskostenrecht angepasst.
Zunächst hatte der Bundesrat auch eine Verbesserung der kollektiven Rechtsdurchsetzung in die Vorlage aufnehmen wollen. Die Vorschläge dazu waren in der Vernehmlassung aber sehr umstritten. Deshalb trennte der Bundesrat die Vorlage auf; die Botschaft ans Parlament verabschiedete er im vergangenen Dezember.
Die Vorlage geht wegen Differenzen zurück an den Ständerat.