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Neuer Bericht Ringen um die Aufarbeitung der Belästigungs-Vorwürfe bei der RTS

Nach den Belästigungs- und Mobbingvorwürfen geht die Aufarbeitung weiter. Ob sie genügt, ist umstritten.

Seit dem vergangenen Herbst ist das Westschweizer Radio und Fernsehen RTS in Bedrängnis. Durch einen Bericht der Zeitung «Le Temps» wurden Vorwürfe des Mobbings und der sexuellen Belästigung laut.

Die SRG und die RTS öffneten zusammen mit der Gewerkschaft SSM eine unabhängige Meldestelle bei einer Genfer Anwaltskanzlei. Nicht weniger als 230 Meldungen gingen dort ein – am Donnerstag nun wurden die Resultate vorgestellt.

«Sehr grosses Leiden»

Die Anwaltskanzlei wählte in ihren Empfehlungen deutliche Worte: Ein «sehr grosses Leiden» sei es für die 230 Betroffenen bei der Arbeit in der RTS gewesen, wegen der Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte. Der Bericht selbst ist nicht öffentlich, einzig die Empfehlungen.

Dennoch sickerte durch, dass im Bericht die Rede sei von Diskriminierungen, von massivem Druck auf einzelne Angestellte, von einem Klima der Angst, sich dagegen zu wehren. Und zwei neue, noch nicht bekannte Fälle sexueller Belästigung werden von der RTS auf Empfehlung der Experten hin untersucht.

Bund erwartet rasche Umsetzung von Massnahmen

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Der Bund erwartet nach Belästigungsvorwürfen beim französischsprachigen und italienischsprachigen Rundfunk von den Verantwortlichen eine rasche Umsetzung von geplanten Massnahmen. Nur so könne das Unternehmen die von ihm erwartete Vorbildfunktion wieder wahrnehmen.

Konkret in der Verantwortung sieht der Bund die Verantwortlichen bei RTS, RSI sowie bei der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) als Muttergesellschaft. Dies teilt das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage mit.

Das Uvek weist darauf hin, dass es in der Sache keinerlei formelle Aufsichtskompetenz habe. Die SRG sei unabhängig und somit für die Regelung personalrechtlicher Fragen alleine zuständig. Die in der Verfassung und im Gesetz verankerte Unabhängigkeit sei aus staats- und medienpolitischen Erwägungen unverzichtbar und vom Gesetzgeber festgeschrieben worden.

Sommaruga hatte bereits im letzten Jahr nach Bekanntwerden von Belästigungs-Fällen «jede Form von Diskriminierung und Belästigung» verurteilt. Sie signalisierte der SRG-Spitze, dass ein Wandel der Unternehmenskultur stattfinden müsse.

Vor allem ein Punkt des Berichts wurde nach der Veröffentlichung heftig diskutiert: Dass die Anwaltskanzlei nach der Auswertung aller 230 Antworten empfiehlt, dass auch das Verhalten der früheren Führung nochmals untersucht werden soll. Das ist brisant, denn das könnte auch den heutigen SRG-Generaldirektor Gilles Marchand betreffen, der früher der RTS vorstand.

Gibt es weitere Untersuchungen?

Eigentlich wurde Mitte April bereits ein Bericht zur Verantwortung der Führungskräfte vorgestellt. Die SRG hielt damals an Gilles Marchand fest und tut es auch heute noch. Und ob es weitere Untersuchungen geben wird, das liegt in der Verantwortung SRG.

«Wir werden dort Untersuchungen wieder eröffnen, wo es Fälle von nachgewiesenen Belästigungen gegeben hat und wo es Anzeichen gibt, dass Kadermitarbeiter nicht korrekt auf diese Belästigungen reagiert haben», sagt SRG-Verwaltungsratspräsident Jean-Michel Cina.

Nachweislich, das bedeutet, dass eine Belästigung im juristischen Sinne vorliegen muss, bevor weiter untersucht wird. Das weist Gewerkschaftssekretär Jamal Al-Amine zurück. «Weitere Untersuchungen auf juristisch relevante Fälle zu limitieren, das bedeutet Gilles Marchand zu schützen.»

Vorwürfe umfassend aufgearbeitet?

Es ist ein Ringen: Die Gewerkschaft und ein Teil der Belegschaft wollen vor allem die Vergangenheit weiter untersuchen, die RTS und die Muttergesellschaft SRG nach vorne blicken. Und die Meinungen sind gespalten, ob die Mobbing- und Belästigungsvorwürfe bei der RTS nun umfassend aufgearbeitet wurden.

Und noch stehen weitere Resultate zu ähnlichen Vorwürfen beim Radio- und Fernsehen RSI der italienisch-sprachigen Schweiz aus. Die Diskussionen um die Unternehmenskultur in der SRG dürften deshalb nicht abreissen.

Echo der Zeit, 1.7.2021, 18:00 Uhr

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