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Neuer SBB-Chef Vincent Ducrot Der Visionär will auch die SBB verändern

Die Erwartungen an Vincent Ducrot sind gross. Dies hängt nicht zuletzt mit seinem Leistungsausweis im Kanton Freiburg zusammen. Ein Porträt.

Bis vor acht Jahren war der Kanton Freiburg Entwicklungsland, was den öffentlichen Verkehr betraf. Es gab kaum ein S-Bahn Netz und in die ländlichen Regionen fuhren wenig Busse. Dann kam Vincent Ducrot. Der Freiburger Direktor der TPF, der Freiburger Verkehrsbetriebe, schuf neue Buslinien, höhere Kadenzen und eine S-Bahn, die diesen Namen verdiente.

Ducrot wusste: Will er die Freiburger vom Auto auf den öffentlichen Verkehr bringen, dann muss das Angebot stimmen. Er sollte Recht behalten. Unter seiner Direktion konnten die TPF die Passagierzahlen von jährlich 25 Millionen auf 32 Millionen erhöhen. Er baute zudem viele neue Bahnhöfe.

Bild einer Bahn der Freiburger Verkehrsbetriebe.
Legende: Ducrot modernisierte die Freiburger Verkehrsbetriebe. wikipedia commons/Heitersberg

Doch auch das Unternehmen selbst hat er neu organisiert und strukturiert. Am Stadtrand baute er eine neue Zentrale, wo alle Busse und Züge gewartet werden. Und vor vier Jahren wurden die TPF eine Holding mit vier unabhängigen Unternehmenseinheiten.

Offen für neue Ideen

Eine davon ist die TPF Immobilien, die eigentliche goldene Gans des Unternehmens. Die TPF besitzen rund um alle grossen Bahnhöfe im Kanton Freiburg viel Land. «Die Immobilien sollen Renditen bringen und diese sollen helfen, die Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs mitzufinanzieren», so Ducrot damals.

Vincent Ducrot sei ein Visionär, der seine Visionen auch umsetze, lobt der kantonale Verkehrsminister, Jean-François Steiert. Das ist ganz in seinem Interesse, den die TPF gehören dem Staat Freiburg. «Vincent Ducrot hat aus der TPF eine moderne Gesellschaft gemacht.»

Ducrot hat keine Berührungsängste, auch nicht was neue Technologien betrifft. Die TPF betreiben in der Arbeitszone einer Agglomerationsgemeinde einen selbstfahrenden Bus. Ganz normal nach Fahrplan wie alle anderen Busse.

Selbstfahrender Bus.
Legende: Der neue SBB-Chef bei der damaligen Eröffnung des autonomen Verkehrsmittels. Keystone

Auch im Kundenservice setzte der 57-Jährige neue Massstäbe. Als eines der ersten Transportunternehmen setzte er auf das Smartphone. Der Freiburger hat die App «Fairtiq» mit entwickelt. «Bei der Digitalisierung gehören wir zu der Spitze», so Steiert.

Trotz seiner Managerqualitäten – Durcot blieb als Mensch fassbar, respektvoll und auch für seine rund 1200 Mitarbeiter zugänglich – sagt Steiert: «Das Bewusstsein ist vorhanden, dass gute Qualität nicht ohne gute Stimmung im Betrieb funktionieren kann.»

Zwei Männer weihen neuen Zug ein.
Legende: Der neue und der alte Chef: Vincent Ducrot und Andreas Meyer 2018 bei der Einweihung eines neuen Zuges im Kanton Freiburg. Keystone

Vincent Ducrot – ein Übermensch? Nein, es gab auch Kritik. Sein Reformtempo überforderte hie und da die Chauffeure. Und diesen Frühling schnitt die Stadt Freiburg in einer Umfrage der Städtekonferenz Mobilität schlecht ab. Die Hälfte der befragten Freiburger sagten, dass sie mit dem Angebot des öffentlichen Verkehrs in der Stadt nicht zufrieden seien.

Fairerweise muss man sagen: Das ist nicht unbedingt Ducrots schuld. Die Stadt Freiburg hat enge Strassen und wenig Busspuren. Die Busse bleiben oft im Stau stecken.

Persönlicher Schicksalsschlag

Gebremst hat Ducrot ein persönlicher Schicksalsschlag. Vor nicht allzu langer Zeit ist seine Ehefrau nach einer Krankheit gestorben. Sie liess den Witwer mit 6 Kindern alleine. Der Tod seiner Frau hat Spuren hinterlassen. Ducrot zog sich etwas aus der Öffentlichkeit zurück.

Die Ernennung zum Chef der SBB dürfte für ihn deshalb Gelegenheit für einen Neuanfang sein. Dass er ein Verkehrsunternehmen erfolgreich führen kann, hat er bewiesen. Und nun scheint auch seine Lust und Energie als Macher wieder erwacht zu sein.

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