In orangefarbenen T-Shirts laufen sie durch die Menge. Ihre Blicke huschen umher. Immer wieder sprechen sie Besuchende an: «Hallo zusammen, fühlt ihr euch wohl?».
Macouba Fritsche und Helena Trachsel sind Teil des Awareness-Teams an den Winterthurer Musikfestwochen. «Awareness ist das Bewusstsein für Grenzüberschreitungen und wir sind für betroffene Menschen da. Alle, die an die Winterthurer Musikfestwochen kommen, sollen sich wohlfühlen», sagt Macouba Fritsche.
Wir spüren, dass die jüngere Generation sensibilisierter ist auf das Thema, gerade was physische und psychische Grenzüberschreitungen anbelangt.
Während sich der klassische Sicherheitsdienst um die Täter kümmert, ist das Awareness-Team für jene da, die diskriminierendes, rassistisches oder sexistisches Verhalten oder Übergriffe erleben. Mit dem Awareness-Team sollen die Festivalgänger und -gängerinnen besser geschützt und eine Anlaufstelle für Betroffene geschaffen werden.
«Wir wollen die Besuchenden sensibilisieren, dass wir uns einen respektvollen Umgang miteinander am Festival wünschen. Wir stehen ein für ein diskriminierungsfreies Festival», fügt Helena Trachsel hinzu. Allein ihre Anwesenheit solle ein Zeichen gegen Diskriminierung setzen und einen respektvollen Umgang fördern.
Dieses Jahr wurde das Awareness-Team der Musikfestwochen in 30 Fällen beigezogen. Die Veranstalter gehen aber von einer höheren Dunkelziffer aus.
Konzipiert und eingeführt hat das Awareness Konzept die Co-Geschäftsleiterin der Winterthurer Musikfestwochen, Lotta Widmer. Die 25-Jährige stellt fest, dass eine neue Generation von Festivalbesuchenden aktiv nach Orten mit Awareness-Konzept suche. «Wir spüren, dass die jüngere Generation sensibilisierter ist auf das Thema, gerade was physische und psychische Grenzüberschreitungen anbelangt, und darum so ein Konzept auch einfordert.»
Awareness-Konzepte werden geschätzt
Unterwegs mit Macouba Fritsche und Helena Trachsel vom Awareness-Team bestätigt sich dieses Bild. «Wenn ich euch sehe, fühle ich mich gleich wohler», oder «Danke, dass ihr diese Arbeit macht», hört man im Vorbeigehen. Viele haben im Ausgang auch schon Übergriffe erlebt. «Leute kommen einem zu nahe, machen Sprüche oder fassen mich beim Vorbeigehen an. Das finde ich nicht ok», sagt Fabienne Meier. Schon nur zu wissen, dass sie nach einem Erlebnis mit dem Awareness-Team sprechen könne, helfe ihr sehr, so die Schülerin.
Es wissen aber nicht alle Festivalgäste, was Awareness ist. «Gelesen habe ich diesen Begriff noch nie. Wieso schreibt ihr den Begriff nicht auf Deutsch, also ‹achtsam sein›?», fragt Werner Hintermüller. Der Rentner aus Winterthur findet, er sei zu alt, um das Awareness-Konzept zu kennen. Nachdem es ihm erklärt wird, findet er die Idee jedoch gut.
Dass Awareness-Konzepte im Nachtleben an Bedeutung gewinnen, erlebt auch Alexander Bücheli, Mediensprecher der Bar und Klub Kommission. Ungefähr ein Drittel ihrer Mitglieder hätten bereits ein Awareness-Konzept, so Bücheli. Die Kommission vertritt die Interessen der Nachtklubs und Bars in der Schweiz. Wegen des steigenden Interesses hat die Kommission in diesem Jahr einen internen Workshop zum Thema Awareness für ihre Mitglieder angeboten.