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Neues CO₂-Gesetz «Endlich geht es vorwärts»: Bundesrat will CO₂-Ausstoss halbieren

  • Der Bundesrat will den CO₂-Ausstoss bis 2030 halbieren. Damit will er seine Klimaziele erreichen.
  • Der neue Anlauf nimmt die Bedenken der vom Volk abgelehnten Version auf. Neue Abgaben sind nicht vorgesehen.
  • Das neue Gesetz regelt den Zeitraum von 2025 bis 2030.

«Der Bundesrat hat heute die Botschaft für ein neues CO₂-Gesetz verabschiedet», eröffnete Energieministerin Simmonetta Sommaruga am Freitagnachmittag die Medienkonferenz. Die Schweiz müsse ihren Beitrag für einen wirksamen Klimaschutz leisten, so die SP-Magistratin.

Einschätzung von SRF-Bundeshausredaktorin Nathalie Christen

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«Wärmepumpen statt Ölheizungen, Elektroautos statt Benziner – das braucht mehr Strom. Strom, der im Winter bereits heute so knapp ist, dass wir einen Teil davon importieren müssen. Das heisst also: Möchte die Schweiz klimaneutral werden und gleichzeitig genug Strom haben, muss sie vorwärtsmachen mit dem Zubau von erneuerbaren Energien. Das ist unter den verschärften Bedingungen des Ukraine-Krieges nun auch weiten Teilen der Politik bewusst geworden.

Das erklärt auch, warum das Parlament plötzlich so schnell machen möchte mit dem Abbau von Bewilligungshürden und mit der Förderung des Zubaus von erneuerbaren Energien. Die Herausforderung im Parlamentsprozess wird sein, den richtigen Mix zu finden: Genug schnell und genug viel, damit der Strom reicht, aber auch genug wenig, dass es nicht zum Referendum kommt und dass alles gleich wieder zur Makulatur wird.»

Nachdem das Volk 2021 bereits ein CO₂-Gesetz abgelehnt hat, nimmt der Bundesrat somit einen neuen Anlauf, Pflöcke in der Energiepolitik einzuschlagen.

Auf die Erneuerbaren setzen

Im Vordergrund stehen Massnahmen, welche die Bevölkerung anregen, den CO₂-Ausstoss zu senken, teilte Sommaruga vor den Medien mit. Mit dem Gesetz stärke man auch die Schweizer Energieversorgung und vermindere die Abhängigkeit von Öl und Erdgas, führte die Umweltministerin aus. Sommaruga betonte: «Wir brauchen mehr einheimische Energie.» Acht Milliarden Franken gebe man pro Jahr für Öl und Gas aus.

Wir brauchen mehr einheimische Energie.
Autor: Simmonetta Sommaruga Umweltministerin

Die angestrebte Halbierung basiert auf dem CO₂-Ausstoss des Jahres 1990. Das neue CO₂-Gesetz regelt den Zeitraum von 2025 bis 2030, eine Investitionssumme von 4 Milliarden Franken ist vorgesehen. Die unbestrittenen Massnahmen und auch das Reduktionsziel im aktuell geltenden CO₂-Gesetz verlängerte das Parlament derweil bis Ende 2024. «Es wird nachher ein weiteres Gesetz geben», verspricht Sommaruga.

Keine neuen Abgaben vorgesehen

Neu ins Gesetz eingearbeitet wurde unter anderem, dass man fast die Hälfte der CO₂-Abgaben in Klimaschutzmassnahmen investieren kann. Bis heute war es nur ein Drittel. Neue Abgaben soll es aber gemäss Bundesrat nicht geben. Statt auf Abgaben setzt der Gesetzesentwurf also auf Anreize durch gezielte Förderung und Investitionen. Die CO₂-Abgabe, die auf fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas erhoben wird, bleibt derweil bei 120 Franken pro Tonne CO₂.

Reaktionen: SVP blockt, Grüne wollen mehr

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Der Gesetzesentwurf des Bundesrats hat bei den Parteien Reaktionen unterschiedliche ausgelöst. Während die SVP von «Zwängerei» und «Weiterwursteln» spricht – aus Sicht der wählerstärksten Partei sei die Energiepolitik des Bundesrats gescheitert – erachtet die FDP die Neuauflage des CO₂-Gesetzes als «wichtig für den Klimaschutz», wenn auch noch Anpassungen erforderlich seien.

Auch die Mitte -Partei wird den Entwurf im Grundsatz unterstützen. Sie streicht die Investitionen bei den Gebäuden und beim Verkehr hervor: «Gerade hier können griffige Massnahmen grosse Wirkung auf die Reduktion der Treibhausgase erzielen.» Die SP scheint mit dem Gesetz zufrieden zu sein. Fraktionspräsident Roger Nordmann stuft es als «besser als erwartet» ein. Der GLP ist die Vorlage derweil «zu wenig ambitioniert», Präsident Jürg Grossen fordert Netto-Null-Emissionen bis 2040.

Für die Grünen sind die Vorschläge des Bundesrates mutlos. Sie vermissen griffigere Massnahmen, etwa beim Verkehr. Es gebe noch viel Optimierungspotenzial, sagt auch Patrick Hofstetter vom WWF . Er bemängelt unter anderem, dass das Gesetz keine verbindlichen Vorgaben im Gebäudebereich vorsehe. Henrique Schneider vom Gewerbeverband ist zufrieden: «Schön ist, dass die CO₂-Abgabe nicht erhöht wird und dass die Energieeffizienzprogramme neu allen Firmen offen stehen.»

Die Mittel für die Klimaschutzmassnahmen fliessen wie bisher in das Gebäudeprogramm, den Technologiefonds und die Förderung von Geothermie. Neu können auch Biogasanlagen und Gemeinden bei ihrer Energieplanung unterstützt werden.

Endlich geht es vorwärts.
Autor: Simmonatta Sommaruga Umweltministerin

Im Flugsektor verpflichtet das revidierte CO₂-Gesetz zudem die Anbieter von Flugzeugtreibstoffen dazu, dem in der Schweiz getankten Kerosin erneuerbare Flugtreibstoffe beizumischen. Auch für Unternehmen aus anderen Branchen sollen neue Bestimmungen in Kraft treten. So müssen die Autoimporteure gemäss dem Vorschlag effizientere Fahrzeuge anbieten. Sommaruga sagt: «Endlich geht es vorwärts.»

SRF 4 News, 16.09.2022, 16:00 Uhr ; 

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