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Vision von Holcim CO2-Schleuder Zementwerk will klimafreundlicher werden

Beim Bauen sind Zement und Beton unentbehrlich, die Produktion belastet aber die Umwelt. Holcim will sich nun bessern.

Beton: Laut einer Erhebung des Baumeisterverbands weiterhin der wichtigste und meistgenutzte Baustoff in der Schweiz. Der künstliche Stein besteht aus Sand und Kies, Wasser und Zement – dem wichtigsten Bestandteil. Der in der Schweiz verwendete Zement wird zum grössten Teil auch hierzulande hergestellt.

Die Zementindustrie gehört weltweit zu den grössten Klimasünderinnen. In der Schweiz ist sie für rund fünf Prozent des CO2-Ausstosses verantwortlich, im Aargau sind es sogar 25 Prozent, also ein Viertel der Emissionen. Im Kanton befinden sich zwei Zementfabriken von Holcim und Jura Cement.

Zementfabrik.
Legende: Das Zementwerk von Holcim in Siggenthal ist einer der grössten CO2-Produzenten im Aargau. Bis 2030 sollen die Emissionen des Konzerns um 20 Prozent sinken. (Aufnahme von 2012) Keystone

Die Schweizer Zementbranche will nun bis 2050 klimaneutral sein – auch Holcim, einer der weltweit grössten Zementkonzerne. Alle von Holcim produzierten Baustoffe sollen bis dann vollständig rezyklierbar sein. Als Zwischenziel sollen die Emissionen bis 2030 um 20 Prozent sinken. Wie das Unternehmen die Klimaneutralität erreichen will, hat es im Werk im aargauischen Siggenthal bekannt gegeben, wo Holcim jährlich 900'000 Tonnen Zement produziert. Es ist einer von seinen rund 55 Standorten mit Zement-, Beton- oder Kieswerken.

Öko-Zement und Nachhaltigkeit

Klimafreundlicher und nachhaltiger werden wolle Holcim in der Produktion, aber auch in der Logistik, erklärt CEO Simon Kronenberg. Beim Transport sind dies etwa elektrische Fahrzeuge. Auch wolle man mehr erneuerbare Energie produzieren – Solarenergie oder Strom aus Abwärme – und die Biodiversität fördern – Renaturieren von Steinbrüchen. Die Kosten der eigenen Klimaneutralität kann Holcim noch nicht beziffern.

Kiesgrube.
Legende: Für die Beton- und Zementherstellung wird Gestein aus Gruben und Steinbrüchen benötigt. In den «Öko-Varianten» kommen Materialien zum Einsatz, die beim Abbruch alter Gebäude anfallen. Keystone

Mithelfen soll dabei der weltweit erste «Öko-Zement». Dieser besteht zu 20 Prozent aus Rückbaumaterial – also aufbereiteten Materialien aus dem Abbruch von Gebäuden. Dieser ressourcenschonendere Zement macht aber erst einen kleinen Teil des Angebots aus, ebenso der Beton mit rezykliertem Gestein. Bei beiden Produkten soll der Anteil bis 2030 auf rund ein Drittel steigen.

Proteste gegen Holcim

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Menschen blockieren Strasse.
Legende: Keystone

Gegen die Tätigkeiten des Konzerns Holcim wird in der Schweiz immer wieder protestiert. Ab Oktober 2020 bis März 2021 besetzten Klimaaktivistinnen und -aktivisten den Hügel Mormont bei Eclépens (VD). Sie demonstrierten gegen die Pläne, den Kalksteinbruch zu vergrössern und errichteten die ZAD, die «Zone à défendre». Ende März räumte die Polizei das Protestcamp.

Anfang April 2022 besetzten einige Personen den Holcim-Steinbruch in Villigen (AG). Sie demonstrierten auf Bäumen gegen Erweiterung des Steinbruchs. Nach wenigen Stunden griff die Polizei ein und räumte das Gelände.

Auch im Ausland wird immer wieder Kritik gegen den Konzern laut. Greenpeace etwa kritisiert Holcim wegen Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen in mehreren Ländern.

Holcim-CEO Kronenberg gibt sich auch optimistisch, dass seine Firma in wenigen Jahren ein Verfahren im Einsatz haben wird, um CO2 abzuscheiden, zu speichern oder zu verwerten. Bereits heute gibt es Recyclingbeton aus «karbonatisierter Gesteinskörnung». Dabei wird gasförmiges Kohlendioxid in Abbruchmaterial geleitet und dieses für die Herstellung von Beton verwendet.

Was nützen diese Massnahmen?

Sind die Ankündigungen von Holcim mehr als bloss Worte? SRF-Wissenschaftsredaktor Christian von Burg meint dazu: «Es ist bemerkenswert, dass sich Holcim verbindliche, messbare Ziele setzt. Klar ist: Die Problematik des CO2-Ausstosses ist sehr gross und muss angegangen werden.»

Um wie angekündigt 2050 CO2-frei zu sein, müsse Holcim sehr grosse Mengen an CO2 im Ausland im Boden speichern. Diesen Ansatz verfolgen auch die Schweizer Kehrichtverbrennungsanlagen. Das Kohlendioxid soll abgeschnitten und im Untergrund gespeichert werden.

Plastik anstatt Kohle

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Kunststoffabfälle
Legende: ZVG/

Nicht nur Holcim, sondern die gesamte Schweizer Baubranche nehme eine Vorreiterrolle ein beim Upcycling, der Wiederverwertung von alten Baumaterialien, meint Simon Kronenberg. Von neun Millionen Tonnen verkauften Baumaterialien von Holcim würden vier Millionen Tonnen wiederverwendet.

Momentan beheizt Holcim seine Brennöfen rund zur Hälfte mit fossilen Brennstoffen (z.B. Kohle). Bis 2030 soll der Anteil der alternativen Brennstoffe auf über 80 Prozent steigen. Dazu gehört auch Kunststoff, der nicht weiter getrennt werden kann, Pneus oder Altholz.

Besser als CO2 aufwändig zu entsorgen sei aber, weniger Emissionen zu produzieren, indem weniger Zement und Beton verbraucht würde, meint Wissenschaftsredaktor von Burg. Beton solle möglichst nur dort eingesetzt werden, wo er unbedingt nötig sei – für Fundamente zum Beispiel. Der Rest des Gebäudes könnte etwa aus Holz erstellt werden. Damit würden CO2-Emissionen durch Beton vermieden und erst noch das im Holz gebundene CO2 verbaut.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 14.06.2022, 17:30 Uhr ; 

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