Tanias Fröhlichkeit ist ansteckend. Wenn sie spricht, klackern ihre langen Fingernägel. Immer wieder schiebt sie sich die herzförmige rosa Brille auf die Nase. Die junge Frau hat afrikanische Wurzeln, ist in der Schweiz aufgewachsen – und sie möchte anonym bleiben.
Mit 23 Jahren hat Tania bereits einen 4-jährigen Sohn. Dieses Jahr hat sie sich einen Traum erfüllt, sagt sie: «Ich mache seit dem August 2017 eine Lehre als Bekleidungsgestalterin. Mein Sohn hat gleichzeitig die Kinderkrippe angefangen. Das war ein Neustart für uns.»
Für ihre Ausbildung pendelt sie von Basel nach Rheinfelden. Nach dem Arbeitstag holt sie ihren Sohn in der Kita ab, die Abende gehören ihm. «Wir machen dann zusammen Essen, er erzählt mir, was er so gemacht hat, und vielleicht lesen wir noch ein Büchlein», sagt sie.
Auf sich alleine gestellt
Ihre erste Lehre hat Tania abgebrochen, als sie erfuhr, dass sie schwanger ist. Bis heute ist sie auf Sozialhilfe angewiesen. Der Lehrlingslohn reicht nirgends hin. So gehe es vielen jungen Mütter, die auf sich alleine gestellt sind, sagt Franziska Reinhard, Geschäftsführerin der Organisation «Amie».
Viele haben ohne Ausbildung keine Chance, einen nachhaltigen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu finden..
«Amie» wurde vor zehn Jahren in Basel gegründet, um jungen Müttern zu helfen, eine Ausbildung anzufangen. Mittlerweile gibt es ähnliche Programme in anderen Schweizer Städten: Bern, Zürich oder auch in der Zentralschweiz.
Ohne tragendes Umfeld sei es schwierig, allein für ein Kind zu sorgen. «Viele haben ohne Ausbildung keine Chance, einen nachhaltigen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu finden. Wenn sie arbeiten, sind es Jobs wie etwa in einem Callcenter, bei denen das Geld manchmal knapp reicht, aber meist eben doch nicht wirklich.»
Handfeste Ausbildung
In Basel wird das Programm zu zwei Dritteln von der Sozialhilfe bezahlt, ein Drittel wird über Spenden finanziert. Absolviert haben es im letzten Jahr 22 junge Frauen.
In Modulen erfahren die sie mehr über Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder aber auch wie sie sich bewerben sollen. Es geht um Persönlichkeitsentwicklung und das Schulwissen in Deutsch und Mathe wird aufgefrischt – ganz handfest.
Das Wichtigste sei, die Teilnehmerinnen zu stärken. Sie seien in ihrer neuen Rolle als Mutter verunsichert und würden von allen möglichen Seiten kritisch beobachtet, sagt Reinhard: «Sie brauchen es vor allem, dass man an sie glaubt. Unsere Haltung ist: Du kannst es. Du schaffst es, wenn du es willst.»
Chancen für junge Mütter
Durch das Programm habe sie Kontakt zu anderen jungen Müttern gefunden und ihr sei bei allen möglichen Problemen geholfen, sagt Tania: «Es ist vollumfänglich. Man fühlt sich dadurch besser und gestärkt. Wenn etwas ist, weiss man, dass man dort nachfragen kann und Hilfe bekommt.»
Wenn etwas ist, weiss man, dass man dort nachfragen kann und Hilfe bekommt.
Alleine, zu Hause hätte sie es nicht geschafft sich erfolgreich zu bewerben. Auch wenn sie selbstbewusst auf Lehrstellensuche gegangen sei, sagt Tania. «Ich war selbstbewusst, weil ich wusste das ich es kann und ich dem Betrieb ein Plus wäre, wenn sie mich nehmen würden.» Absagen gab es trotzdem. Man bevorzuge jemand Jüngeres, hiess es einmal als Begründung.
Generell fürchten manche Arbeitgeber, dass die alleinerziehenden Mütter oft fehlen, weil ihr Kind krank ist. Es gäbe aber immer wieder solche, die den jungen Frauen bewusst eine Chance geben wollen, sagt Franziska Reinhard.
100% Mutter, 100% Lernende
Von den Amie-Teilnehmerinnen würden über zwei Drittel eine Ausbildung anfangen und sich damit einer Doppelbelastung aussetzen: 100 Prozent für das Kind zuständig sein, 100 Prozent in der Ausbildung eingespannt zu sein. Dazu komme noch das Lernen für die Prüfungen, sagt Reinhard: «Das ist eine grosse Herausforderung: Kind abgeben, Arbeitsweg, dabeibleiben. Ich ziehe den Hut vor jeder Frau, die das bis zum Schluss durchzieht.»
Tania ist fest überzeugt, es durchzuziehen, sagt sie. Nach dem Lehrabschluss wolle sie sich als Schneiderin selbstständig machen. Und für ihren 4-jährigen Sohn? Ihn erst Abends zu sehen, falle ihr schwer. Umso mehr wünsche sie sich: «dass er so wird, wie ich es gerne hätte, auch wenn ich nicht jeden Tag zuhause bin.»
Die 23-jährige Mutter hat wieder eine berufliche Perspektive. Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit.