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Neues Schuljahr, altes Problem Gesucht: Lehrperson – mit oder ohne Ausbildung

In den ersten Kantonen beginnt bereits in einer Woche wieder die Schule. Vielerorts werden noch Lehrpersonen gesucht. Die Frage ist nur, ob sie die richtige Ausbildung haben.

Eine Übersicht darüber, wie viele Lehrerstellen noch offen sind, hat niemand. Aber am Schluss werde es wohl reichen und vor jeder Klasse eine Lehrperson stehen, sagt Beat Schwendimann, Geschäftsleitungsmitglied des Dachverbandes der Lehrerinnen und Lehrer LCH: «Denn Schule muss stattfinden.» Der Schulunterricht könne nicht einfach abgesagt werden.

Das Problem sei aber häufig ein qualitatives. Dass also Personen vor Klassen stünden, die entweder nicht für die Stufe oder ein bestimmtes Fach qualifiziert seien, die noch in der Ausbildung seien oder die sogar gar keine Ausbildung hätten, sagt Schwendimann: «Aus der Not heraus werden vielerorts Personen angestellt, die wenig oder gar nicht für diesen Beruf qualifiziert sind.»

Problem erkannt, Lösung fehlt

Das Problem des Lehrermangels ist nicht neu: Das Bundesamt für Statistik hat ausgerechnet, dass 2031 bis zu 10'000 Lehrpersonen fehlen dürften. Das Problem sei also nicht so schnell aus der Welt zu schaffen, sagt auch Thomas Minder, Präsident des Verbandes Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz: «Denn es handelt sich um ein demografisches Problem.»

Damit meint Minder, dass die Babyboomer-Generation in Rente geht. Auf der anderen Seite gibt es bei Schülerinnen und Schülern auf der Unterstufe im Moment geburtenstarke Jahrgänge.

Viele Lehrpersonen reduzieren ihr Pensum, um sich vor Überlastung zu schützen. Sie haben Angst, in ein Burnout hineinzulaufen.
Autor: Beat Schwendimann Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer LCH

Dazu kommt, dass im Lehrerberuf viele Teilzeit arbeiten. Eine Lösung gegen den Mangel könnte eine Mindestpensumspflicht sein. So eine gibt es im Kanton Genf, mit einem Mindestpensum von 50 Prozent. Andere Kantone kennen keine Pflicht, nur eine Empfehlung für ein Mindestpensum.

Beim Lehrerverband will man von einer Pflicht aber nichts wissen, wie Schwendimann erläutert: «Viele Lehrpersonen reduzieren ihr Pensum, um sich vor Überlastung zu schützen. Sie haben Angst, in ein Burnout hineinzulaufen.»

Mindestpensum «nicht praktikabel»

Die Idee eines Mindestpensums sei zwar auf dem Papier gut, aber nicht praktikabel, sagt Thomas Minder als Schulleiter: «Viele Frauen arbeiten Teilzeit, weil sie die Kinderbetreuung sicherstellen müssen.» In der Schweiz sei das traditionelle Rollenmodell nach wie vor stark verbreitet, erklärt Minder. Heisst: Die Mütter kümmern sich um die Kinder, die Väter arbeiten Vollzeit. «Im Lehrerberuf sind sehr viele Frauen tätig, deswegen ist auch die Teilzeitquote sehr hoch.»

Für Minder liegt die Lösung an einem anderen Ort: Man brauche neue Unterrichtsmodelle. Die Lehrpersonen mit professionellem Hintergrund würden die Unterrichtseinheiten konzipieren. «Wenn die Betreuung und Aufsicht der Kinder dann über Personen erfolgt, die nicht über die entsprechende Ausbildung verfügen, muss das geschickt organisiert werden», sagt Minder. Hier seien Bildungsexperten, aber auch die Politik gefordert, um neue Lösungsmodelle zu finden.

Rendez-vous, 31.07.2023, 12:30 Uhr

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