Zum Inhalt springen

Nicht nur in China Mykoplasmen: Seit Corona schlummernde Bakterien sind zurück

Nach über drei Jahren «Quasi-Abwesenheit» sind sie in der Schweiz nun wieder präsent: Sogenannte Mykoplasmen, die Lungenentzündungen verursachen können. Derweil kämpft China mit gehäuftem Auftreten von Lungenentzündungen. Ein Zufall?

Was ist passiert in der Schweiz? Mykoplasmen sind zurück. Das belegt eine Studie eines internationalen Forschungsteams, die im Fachblatt «The Lancet Microbe» veröffentlicht wurde. Sie untersuchte 45 Standorte in 24 Ländern in Europa, Asien, Amerika und Ozeanien. Dabei kam eine Infektion mit dem Bakterium in Europa und Asien signifikant häufiger vor. «Auch in der Schweiz gibt es seit Oktober eine deutliche Zunahme», sagt Patrick Meyer Sauteur, Studienleiter und Infektiologe am Kinderspital Zürich.

Was sind Mykoplasmen?

Box aufklappen Box zuklappen
Gelb eingefärbt auf schwarzem Hintergrund: viele kugel- und y-förmige Gebilde, durcheinandergemischt.
Legende: 3D-Illustration von Mykoplasmen. Imago/agefotostock

Mykoplasmen (Mycoplasma pneumoniae) sind Bakterien, die bei Kindern und Jugendlichen häufig Atemwegserkrankungen auslösen. Das Bakterium kommt weltweit und nur beim Menschen vor. Ausbrüche verlaufen meist mit Häufungen beispielsweise in Familien, Schulen oder Militäreinrichtungen. Die Übertragung des Bakteriums erfolgt hauptsächlich über Tröpfchen in der Luft und gelegentlich auch über Gegenstände.

Was ist passiert in China? China kämpft derzeit mit einem gehäuften Auftreten von Lungenentzündungen. Laut dem China-Korrespondenten Samuel Emch sind Kinderspitäler und -abteilungen teils überfüllt und es kommt zu Wartezeiten. Dazu postete der US-Epidemiologe Eric Feigl-Ding ein Video auf X:

Was sagt China? Die chinesische Gesundheitskommission führt die Zunahme solcher Erkrankungen auf die Verbreitung verschiedener Erreger nach Aufhebung der Corona-Massnahmen zurück. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, verzeichnet vor allem die Grippe in Peking einen «steilen Aufwärtstrend». Auch Mykoplasmen-Infektionen seien in letzter Zeit vermehrt aufgetreten. Die WHO hat deshalb Informationen von China dazu gefordert. Wohl deshalb hat das Fachblatt die internationale Studie früher als geplant veröffentlicht.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Fällen in China und in der Schweiz? Nein, sagt Studienleiter Meyer. In China sehe man eine Zunahme von Lungenentzündungen. Die Ursache dafür sei aber unklar. Es gebe auch Fälle von Influenzaviren, RSV und auch von Mykoplasmen. «Wir in der Schweiz haben aktuell Hospitalisationen für Lungenentzündungen, die der Anzahl von vor der Pandemie entsprechen», sagt Meyer.

Könnte es für das Schweizer Gesundheitssystem problematisch werden? Wie sich die Mykoplasmen-Infektionen hierzulande entwickeln, werde genau beobachtet, sagt Infektiologe Meyer. Derzeit beobachte er im Kinderspital Zürich eine Zunahme von Fällen bei Kindern, aber keine Zunahme von Hospitalisationen. «Das können wir aktuell problemlos mit den Spitalkapazitäten aufnehmen», sagt Meyer.

Welche Symptome treten bei einer Mykoplasmen-Infektion auf? Nachdem eine Person sich mit den Mykoplasmen angesteckt hat, kann es zwei bis vier Wochen dauern, bis sie daran erkrankt. Am häufigsten kommt es bei den Infizierten in dieser Zeit zu einer leichten Entzündung der Rachenschleimhaut, der Luftröhre oder den Bronchien. In den meisten Fällen sind nur leichte Halsschmerzen wahrzunehmen. Um wieder gesund zu werden, reicht eine Behandlung gegen die aufgetretenen Symptome. In drei bis zehn Prozent aller Erkrankungsfälle – und insbesondere bei Kindern – kann aber eine atypische Pneumonie auftreten.

Atypische Pneumonie – Symptome und Behandlung

Box aufklappen Box zuklappen

Eine atypische Pneumonie ist hochansteckend und beginnt schleichend über mehrere Tage, wobei ein akuter Verlauf möglich ist. Husten, meist trockener Reizhusten, ist das häufigste Symptom dabei. Weitere Symptome sind Kopfschmerzen, Krankheitsgefühl, Schüttelfrost und Fieber. Bei 80 Prozent der Infizierten mit einer Mykoplasmen-Pneumonie fallen von aussen wahrnehmbare Geräusche aus der Lunge beim Ein- und Ausatmen auf. Erkrankt man an einer atypischen Pneumonie, sollte man sie mit Antibiotika behandeln.

Wie kann man sich am besten vor einer Mykoplasmen-Infektion schützen? Man geht davon aus, dass es für eine Ansteckung engen Kontakt zu einer ansteckenden Person braucht. Die Übertragung über Tröpfchen kann man leicht einschränken, wenn man beim Husten oder Niesen ein Taschentuch vorhält, das dann direkt entsorgt, und wer kein Taschentuch hat, den Ellbogen dafür benutzt. Auch regelmässiges Händewaschen mit Seife für mindestens 20 Sekunden hilft, ebenso Abstand halten in engen Räumen.

SRF 4 News, 23.11.2023, 02:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel