Wirklich wohnlich sieht es noch nicht aus, das umzäunte Gelände im Norden der Bundesstadt ist eine grosse Baustelle. Dutzende Container sind in zwei Stöcken aufeinandergestapelt. Darüber ist ein Zeltdach aufgespannt, wie man es von der Festhütte vom Turnfest kennt. Kies, Staub und Bagger dominieren die Szenerie.
Ein Pionierprojekt mit Vorbildcharakter soll die Containersiedlung auf dem Berner Viererfeld sein, die bis zu 1000 Geflüchteten aus der Ukraine Platz bietet. Am Montag sollen die ersten der vorerst 100 Bewohnenden einziehen.
Karge Zimmer
Bett, Tisch, Schrank: Die Einrichtung in den Container-Zimmern ist minimalistisch, die Duschen sind wie auf einem Zeltplatz auf dem Gang. «Das Containerdorf ermöglicht den Menschen ein bescheidenes Wohnen. Aber ein Leben in Sicherheit», sagt Claudia Hänzi, Leiterin Sozialamt der Stadt Bern.
Die Geflüchteten sollen im Containerdorf ein möglichst selbstständiges Leben führen und Verantwortung für die Unterkunft und Tagesstruktur übernehmen. Dazu gehört einkaufen, kochen, putzen. Und wenn möglich arbeiten.
Ukraine: So sieht das Containerdorf in Bern aus
Die Kinder können in eigens errichteten Klassenzimmer auf dem Gelände eine Schule besuchen. Ebenso gehört im «Ukrainer-Dörfli», wie man in der Nachbarschaft die Containersiedlung nennt, ein Empfang sowie ein Parkplatz.
Experiment unter laufendem Betrieb
Die Mitarbeitenden der Heilsarmee betreuen die Geflüchteten aus der Ukraine. Auch für sie ist das Containerdorf ein Experiment unter laufendem Betrieb.
«Es gibt sicher noch viele Gestaltungsmöglichkeiten auf dem Gelände. Es wird spannend zu sehen sein, wie sich das Dorf mit Leben füllt», sagt Manuel Breiter, Leiter Migration und Integration der Heilsarmee Schweiz.
Zuletzt hagelte es Kritik gegen das Containerdorf, welches der Kanton geplant hat. Es sei ein Schnellschuss und grundfalsch konzipiert , sagte Ueli Salzmann, Architekt und langjähriger Experte für Notunterkünfte.
Wir sprechen von einer temporären Unterkunft und einer Notfallsituation. In dem Sinne versuchen wir das Beste zu machen.
Dies sieht Breiter nicht so. Mindestens ebenso wichtig wie die Räumlichkeiten sei der stadtnahe Standort. «Wir sprechen von einer temporären Unterkunft und einer Notfallsituation. In dem Sinne versuchen wir das Beste zu machen aus den Raumbedingungen, die wir als Betreiber nicht beeinflussen können.»
Braucht es die Containersiedlung überhaupt?
Die Frage bleibt, wie viele Menschen aus der Ukraine tatsächlich dereinst auf dem Viererfeld wohnen werden. Etliche Geflüchtete sind bereits in die Ukraine zurückgereist, die grosse Mehrheit lebt bei Gastfamilien oder in eigenen Wohnungen. Ein Blick in den Kanton Aargau zeigt: Von den 120 eigens für Geflüchtete bereitgestellten Wohnungen sind derzeit nur 13 belegt.
Für den Kanton Bern ist das Viererfeld auch eine Reserve, wenn je nach Entwicklung des Krieges die Flüchtlingszahlen wieder ansteigen sollten.
Fertigestellt ist im Viererfeld bislang ein Wohntrakt. Die Siedlung kann nach Bedarf erweitert werden. Zwei Containermodule werden in den nächsten Wochen gebaut und nochmals zwei Module werden als Reserve gehalten. «Das Beste wäre, wenn wir die Siedlung gar nie nutzen müssten», sagte der Berner Sozialdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) kürzlich.