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So entstand die Ombudsstelle in der Stadt Zürich – die erste in der Schweiz
Aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 03.11.2021. Bild: Keystone
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Ombudsstellen feiern Jubiläum Sie sind Schlichter, Vermittler und Klagemauer der Bürger

Vor 50 Jahren eröffnete in der Stadt Zürich die erste Ombudsstelle der Schweiz. Zeit für ein kleines Erklärstück.

Es geht um abgelehnte Baubewilligungen, um Fehlverhalten der Polizei oder um nicht gewährte Sozialhilfe: Wann immer es Probleme gibt mit der öffentlichen Verwaltung, haben die Ombudsstellen ein offenes Ohr für die Anliegen der Einwohnerinnen und Einwohner. In der Stadt Zürich wurde vor 50 Jahren die erste Ombudsstelle der Schweiz gegründet – es war gleichzeitig die erste städtische Ombudsstelle in Europa.

Seither sind in der Schweiz weitere kommunale und kantonale Ombudsstellen hinzugekommen, aber längst nicht überall. Was tun Ombudsstellen genau? Wo gibt es sie in der Schweiz? Und weshalb haben immer noch viele Gemeinden und Kantone keine eigene Ombudsstelle? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was macht eine Ombudsstelle genau? Die Ombudsstelle ist von der öffentlichen Verwaltung unabhängig und wird von den städtischen oder kantonalen Parlamenten gewählt. Die Ombudsstelle interveniert bei Konflikten und unterstützt die Beteiligten beim Finden einer fairen Lösung. In der Regel nimmt der Ombudsmann oder die Ombudsfrau Beschwerden im persönlichen Gespräch auf und prüft dann, ob die Verwaltung rechtlich einwandfrei und fair gehandelt hat. Die Ombudsperson sucht dann nach einer gerechten und von allen Seiten akzeptierten Lösung, die er in der Form von Empfehlungen ausspricht.

Fallbeispiel: Hochschule akzeptiert nur noch Kreditkarte

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Legende: Die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften in Winterthur Keystone

Im letzten Jahr wandte sich ein Student der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) an den Ombudsmann im Kanton Zürich. In seinem Anliegen ging es um neue Regelungen bei der Bezahlung der Semestergebühren. Die ZHAW wollte nur noch digitale Bezahlmöglichkeiten zulassen – zum Beispiel Kreditkarten. Ausserdem wollte die ZHAW bei Nichteinhaltung der Zahlungsfrist eine Gebühr von 100 Franken verrechnen. Der Student wollte von der Ombudsstelle wissen, ob es in Ordnung sei, vorauszusetzen, dass alle Studierenden über eine
Kreditkarte verfügen? Und ob es zulässig sei, dass die ZHAW bei Verzug eine Gebühr
erhebt?

In der Einschätzung des Ombudsmannes wird
keine Rechtsgrundlage dafür mitgeteilt,
dass die Studiengebühr nur per Kreditkarte bezahlt werden kann. Auch scheine die gesetzliche
Grundlage für die Erhebung der Gebühr
von CHF 100 sehr dünn. Die ZHAW erläuterte darauf in ihrer Stellungnahme die Hintergründe zur Neuregelung.
Das neue Bezahlsystem sei ein Pilotprojekt gewesen. Die Gebühr habe man bereits wieder gestrichen. Damit war der Fall für den Ombudsmann bereits abgeschlossen.

Aber werden diese Empfehlungen auch ernst genommen? Ja, findet Walter Haller, emeritierter Professor für Verwaltungsrecht. Denn die Ombudsstellen machen auch öffentlich auf Missstände aufmerksam. Jährlich wird ein Bericht über die Tätigkeit veröffentlicht. «Die Behörden wissen, dass der Ombudsmann bellen kann. Wenn sie diesem Bellen nicht Rechnung tragen, kann das für sie sehr unangenehm sein.»

Wo in der Schweiz gibt es überall Ombudsstellen? Nachdem die Stadt Zürich vor 50 Jahren die erste Ombudsstelle eingerichtet hatte, zogen in den folgenden Jahren einige Kantone und Städte nach. So haben derzeit die Kantone Zürich, Basel-Stadt, Basel-Land, Waadt, Zug und Freiburg eine eigene Ombudsfrau oder einen eigenen Ombudsmann. Und auch die Städte Winterthur, Bern, St. Gallen, Rapperswil-Jona und Luzern haben eine solche Stelle eingerichtet. Und im Kanton Zug wurde die Ombudsstelle als Reaktion auf das Attentat im September 2001 geschaffen – als präventive Massnahme. Der Täter, der damals im Kantonsratssaal 14 Personen tötete, hatte sich im Vorfeld langwierige Auseinandersetzungen mit den Behörden geliefert.

Im Kanton Aargau wurden die nötigen Schritte bereits eingeleitet. In vielen anderen Kantonen und Gemeinden scheiterten das Vorhaben einer Ombudsstelle jedoch nach mehreren Anläufen. So zum Beispiel im Kanton Uri.

Weshalb haben immer noch viele Gemeinden und Kantone keine eigene Ombudsstelle? Als eines der Hauptargumente führen die Kantone und Gemeinden die Kosten für eine Ombudsstelle ins Feld. In der Stadt Zürich arbeiten sechs Personen auf der Ombudsstelle, darunter auch Juristinnen und Juristen. Die jährlichen Kosten belaufen sich auf eine Million Franken.

Walter Haller

Walter Haller

Emeritierter Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht

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Walter Haller war von 1975 bis 2004 Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich. Nach einem Studienaufenthalt in Schweden verfasste er 1964 seine Dissertation «Der schwedische Justitieombudsman» und hat seither immer wieder zum Thema publiziert. Haller gilt als einer der wichtigen Wegbereiter der Ombudsstelle in der Stadt Zürich, die vor 50 Jahren gegründet wurde.

Gerade für kleine Kantone und Gemeinden lohne sich eine professionell eingerichtete Ombudsstelle deshalb kaum, sagt Walter Haller, emeritierter Professor für Verwaltungsrecht. «Delegiert man die Ombudsstelle einfach an einen pensionierten Anwalt, der die Aufgabe nebenamtlich macht, dann lässt man es besser bleiben», findet Haller. Eine Lösung für dieses Problem hat hier zum Beispiel der Kanton Zürich. Gemeinden können sich hier der kantonalen Ombudsstelle anschliessen.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 01.11.2021, 17:30 Uhr;

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