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Opiatkrise befürchtet Fentanyl: die Angst vor vielen Drogentoten in der Schweiz

Basel will dem entgegenwirken und das Drogenmonitoring auf synthetische Opioide ausweiten. Dafür will der Kanton mit Süchtigen, Polizei und «Drug Checking» zusammenarbeiten.

Die Bilder, die aus den USA kommen, schockieren auch in Europa: Hunderte Menschen, die auf dem Boden sitzen oder liegen oder gekrümmt dastehen. Es sind Drogensüchtige in einem Quartier von Philadelphia. Oft wird es als weltweit grösster Drogenumschlagplatz beschrieben. Die meisten der Süchtigen konsumieren Fentanyl.

Fentanyl ist eine synthetisch hergestellte Droge. Sie ist wirksamer und billiger als Heroin – und entsprechend gefährlich. In den USA ist sie mittlerweile gar die Todesursache Nummer eins unter den 18- bis 49-Jährigen.

Wenn Heroinsüchtige nicht wissen, dass ihr Stoff mit Fentanyl gestreckt ist, könnte der Konsum für sie tödlich sein.

Auf der Basler Verwaltung befürchtet Regine Steinauer, Leiterin der Abteilung Sucht, Fentanyl könnte auch in die Schweiz zu viel Leid führen. Besonders gefährdet sind Süchtige, die Heroin konsumieren. Fentanyl kann Heroin nämlich beigefügt werden - auch, ohne dass die Süchtigen das wissen.

50 Mal stärker als Heroin

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Fentanyl ist ein künstlich hergestelltes Opioid. Es hat eine sehr starke schmerzstillende Wirkung und ist 50 Mal stärker als Heroin. Hergestellt wurde es erstmals 1960.

Fentanyl wird wegen seiner starken Wirkung oft als Droge missbraucht, manchmal auch zum Strecken von Heroin. Die amerikanische Drogenbehörde DEA stuft Fentanyl als eine der tödlichsten Drogen der USA ein, weil es bereits mehrere hunderttausend Fentanyl-Tote in den USA gibt. Fentanyl wird meist geschnupft, gespritzt, geraucht oder geschluckt.

«Heroin-Konsumentinnen und -Konsumenten wissen zwar in der Regel, wie viel Stoff sie vertragen», sagt Steinauer. «Aber wenn sie nicht wissen, dass ihr Stoff mit Fentanyl gestreckt ist, könnte der Konsum für sie tödlich sein.»

Ersatz für Heroin

Heroin ist in der Schweiz zuletzt wieder vermehrt aufgetaucht; in Basel und in Zürich. Zudem gibt es aus Sicht der Süchtigen ein Problem: Afghanistan ist das Hauptanbauland von Schlafmohn, aus welchem Heroin hergestellt wird. Der Anbau ist dort aber seit 2022 verboten. Deshalb gibt es weniger Heroin auf dem Markt. Und Fentanyl wird in den USA auch zum Strecken von Heroin benutzt.

Grabstein eines Fentanyl-Toten.
Legende: In Kalifornien besuchen Eltern das Grab ihres Sohnes, der aufgrund seines Fentanyl-Konsums starb. In den USA sterben jährlich mehr als hunderttausend Süchtige an den Folgen von synthetischen Opioiden wie Fentanyl. AP Photo/Jae C. Hong

In Basel will man herausfinden, wie oft Fentanyl in der Schweiz konsumiert wird. Man wisse von Einzelfällen in Zürich, sagt Regine Steinauer. «Deshalb schauen wir in Basel jetzt viel genauer, was die Süchtigen konsumieren.» Dafür arbeite man mit bestehenden Institutionen, der Polizei und nicht zuletzt den Süchtigen zusammen.

Einzelfälle oder Trend?

«Wir wollen die Informationen über Einzelfälle sammeln, falls es solche in Basel gibt», erklärt Steinauer. «So bekommen wir einen Überblick, ob es sich tatsächlich nur um einen Einzelfall handelt, oder ob es einen Trend gibt.»

Um dieses Monitoring aufzugleisen, will der Kanton mit verschiedenen Organisationen und Stellen zusammen arbeiten. Zum Beispiel mit dem «Drug Checking». Da bringen Leute ihre Drogen vorbei, um zu testen, welche Stoffe darin enthalten sind, also ob die Drogen verunreinigt sind. «Die Beobachtungen des Drug Checking sind für uns wertvoll», sagt Steinauer. Ebenso die Informationen von Süchtigen oder der Polizei. «Die Polizei beschlagnahmt Drogen, und diese können wir dann untersuchen.»

Mit dem Monitoring will Basel-Stadt verhindern, dass sich eine Krise wie in den USA anbahnen kann. Tauchen Fentanyl oder andere synthetische Opioide auf Basels Strassen auf, will der Kanton nämlich handeln. Derzeit arbeite man an einem Massnahmenkatalog, sagt Steinauer. «Darin ist neben der Behandlung der Süchtigen auch die Sensibilisierung von Fachpersonen vorgesehen.»

Regionaljournal Basel, 18.9.2024, 06:31 Uhr ; 

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