Die neue Schutzklausel erlaubt es der Schweiz, den freien Personenverkehr temporär einzuschränken. Kritiker der Schutzklausel, zu denen die SVP gehört, zweifeln daran, dass der Bundesrat bereit ist, die Notbremse Schutzklausel zu ziehen. Denn: Der Bundesrat muss beim Erreichen von Schwellenwerten etwa bei der Zuwanderung oder der Arbeitslosigkeit die Aktivierung der Klausel lediglich prüfen.
Risiko von Gegenmassnahmen
Und: Das Erreichen dieser Werte reicht nicht aus, die Regierung muss nachweisen können, dass die Schweiz schwerwiegende Probleme hat wegen der Zuwanderung. Darüber entscheidet ein Schiedsgericht, das aus Vertreterinnen und Vertretern der EU und der Schweiz besteht. Es dürfte schwierig werden, das Schiedsgericht davon zu überzeugen, dass diese Schweizer Probleme wirklich schwerwiegend sind.
Zudem würde die Schweiz ein erhebliches Risiko eingehen, sollte sie die Schutzklausel ohne Einverständnis des Schiedsgerichts aktivieren. Das darf sie zwar, sie weiss aber nicht, welche Gegenmassnahmen die EU dann ergreifen würde.
Forschung wäre nicht mehr betroffen
Befürworter der Schutzklausel betonen, dass diese Gegenmassnahmen jetzt eingeschränkt sind. Die EU kann die Schweiz beispielsweise nicht mehr mit dem Ausschluss aus dem Forschungsprogramm Horizon bestrafen. Sie ist verpflichtet, Gegenmassnahmen zu treffen, die das Binnenmarktabkommen betreffen, mit Ausnahme der Landwirtschaft.
Ein weiteres Argument der Befürworter ist, dass der Europäische Gerichtshof nicht über die Schutzklausel entscheiden wird. Der Entscheid liegt schlussendlich bei dem Schiedsgericht.
Antwort auf SVP-Initiative
Bundesrat Beat Jans hat die Schutzklausel heute als eine Art Gegenentwurf zur SVP-Initiative präsentiert, die die Zuwanderung beschränken will. Mit der Klausel soll die Zuwanderung kontrolliert werden können, ohne die Verträge mit der EU aufs Spiel zu setzen.
Die SVP dagegen will eine strikte Obergrenze und wenn diese erreicht ist, die Kündigung der bilateralen Verträge und damit das Ende der Personenfreizügigkeit.
Gemischte Signale von Beat Jans
Jans erhofft sich also von der Schutzklausel, dass sie sowohl das EU-Vertragspaket mehrheitsfähig macht als auch eine griffige Antwort auf die SVP-Zuwanderungsinitiative liefert. Ob diese Rechnung aufgeht, ist offen.
Denn: Auch Jans selber sendet heute gemischte Signale. Einerseits räumt er ein, dass sich der Bundesrat sehr gut überlegen müsse, die Schutzklausel zu aktivieren, da die Schweiz stark von der Personenfreizügigkeit profitiere. Andererseits betonte er, dass der Bundesrat engagiert für diese Schutzklausel verhandelt habe und auch bereit sei, diesen Feuerlöscher einzusetzen.
Im Moment scheint die Schutzklausel noch eher eine Beruhigungspille zu sein. Die Frage ist, ob Beat Jans die Bevölkerung davon überzeugen kann, dass die Regierung bereit ist, zum Feuerlöscher zu greifen.