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Physische Generalversammlungen Unternehmen laden Aktionäre wieder zu Cüpli und Häppli

Nach der Corona-Pause finden viele Generalversammlungen wieder physisch statt. Biertrinker und Eventbranche jubeln.

Sie trudeln wieder ein. Im Fall des Berner Energieunternehmens BKW beispielsweise sind es knapp 800 Aktionärinnen und Aktionäre, die am Montagnachmittag im Kursaal Bern gebeten werden, den Konzernbericht des letzten Jahres zu genehmigen oder die Vergütungen der Chefinnen und Chefs abzusegnen. Einige haben das Bedürfnis, wieder ans Rednerpult zu treten. Etwa ein Zürcher Aktionär, der an insgesamt 20 Generalversammlungen dabei ist: «Es stauen sich Fragen auf, die ich nicht unter dem Deckel behalten kann. Ich muss sie loswerden.»

Es wird sowieso alles genehmigt.
Autor: Aktionärin der BKW

Man hört aber auch diese Stimmen: «Es ist alles abgekartet, die Grossaktionäre haben alles schon besiegelt» – «Ich habe die Geschäftsberichte gar nicht gelesen. Es wird sowieso alles genehmigt.» Kein Wunder, locken da die Cüpli und Häppli mehr, die es als Belohnung nach rund zwei Stunden zuhören gibt. «Der Apéro riche ist sehr gut, vor allem das Gespräch mit den Aktionären ist sehr wertvoll», sagt einer von ihnen. «Es ist wie ein Freundschaftstreffen», ein anderer.

GV BKW
Legende: Die Gespräche mit den anderen Aktionärinnen und Aktionäre sind an den Generalversammlungen wichtig. Keystone

Für die BKW sei schnell klar gewesen, dass nach zwei Jahren Pandemie wieder eine physische Generalversammlung stattfinden wird: «Eine digitale GV gibt zwar weniger zu tun, aber es geht um unsere Besitzerinnen und Besitzer. Sie sollen auch ihren Unmut wieder direkt äussern können», sagt Mediensprecher René Lenzin.

Über 4000 Liter Bier

Die Unternehmen laden ihre Mitbesitzerinnen und Mitbesitzer also wieder ein, was insbesondere für kleinere oder regional verankerte Firmen wichtig ist. «Die GV der Burgdorfer Brauerei ist quasi eine Klassenzusammenkunft», sagt der Vizepräsident des Verwaltungsrats der Brauerei, Stefan Hermann. «Wohl jeder fünfte Burgdorfer hat eine Aktie, es ist Ehrensache, an die GV zu kommen und die anderen zu treffen.»

Die Generalversammlung als Klassentreffen

Man habe auch eine Warteliste mit einigen hundert Personen, die Aktien möchten – «aus dem einzigen Grund, dass sie dann an die GV kommen können.» Was an der Generalversammlung gesagt wird, scheint aber etwas weniger zu interessieren. Es ist eher das Gratis-Bier, das lockt. Insgesamt braucht die Burgdorfer Gasthausbrauerei 4000 Liter Bier für ihre Generalversammlung.

Zugehörigkeit fördern

Mit den Aktionärinnen und Aktionären zusammen sitzen, das steht auch beim FC Thun im Vordergrund. «Das geht verloren, wenn man einfach ein Couvert öffnet, eine Stimmkarte ausfüllt und abschickt», sagt Mediensprecher Matthias Fuchser. An einer physischen GV könne man den Leuten zeigen, dass auch sie dazu gehören würden. Das Motto: Zugehörigkeit und Bindung schaffen.

Einige setzen weiterhin auf virtuelle Generalversammlungen

Dass die Generalversammlungen wieder physisch stattfinden, freut auch die Event-Branche. Auf dem Berner Bernexpo-Gelände beispielsweise werden pro Jahr wieder über 20 Generalversammlungen durchgeführt. «Das ist für uns als Veranstalter extrem wichtig», sagt Mediensprecher Adrian Erni.

Wichtiges, aber nur saisonales Geschäft

Auch im Kursaal Bern freut mach sich, dass die Generalversammlungen zurückgekehrt sind. Während Corona wurden einige wenige aus dem Kursaal gestreamt. Nun finden aber wieder zwei bis drei Versammlungen pro Woche physisch vor Ort statt. Das sei wieder praktisch derselbe Stand wie vor Corona, sagt Petra Anna Siebert der Kursaal Bern AG.

Die GVs beschränken sich jedoch auf Mai und Juni, über das ganze Jahr gesehen seien sie nicht das entscheidende Geschäft, so Siebert. Wichtiger seien da die Kongresse – und im Vergleich zu den Generalversammlungen sei man im Kongressbereich noch nicht bei den Zahlen von vor Corona angekommen. Immerhin zeigten sie aber in die richtige Richtung.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 19.05.2022, 06:31 Uhr ; 

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