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Pilotprojekt in Arbon Unterwegs im künftigen «ersten autonomen Linienbus der Schweiz»

Ab Herbst soll in Arbon TG ein autonomer Linienbus fahren – laut Initianten schweizweit der erste seiner Art.

Die Fahrt beginnt im Busdepot – zunächst noch mit einem Menschen am Steuer. Erst an der Teststrecke versetzt der Fahrer den selbstfahrenden Bus in den Automatikmodus. Dann übernehmen elf Kameras und mehrere Lasersensoren die Navigation.

Schwarzer Bus auf Stadtstrasse mit historischen Gebäuden.
Legende: Der vollelektrische Bus aus der Türkei ist rund acht Meter lang, fährt in Arbon bis zu 30 km/h und lässt sich bei Bedarf aus der Ferne steuern. SRF / Marc Hanimann

Dennoch sitzt vorne im Fahrzeug immer eine Begleitperson, bereit einzugreifen, falls nötig. «Wir fahren jeden Morgen an den Startpunkt der Projektstrecke», erklärt Hansueli Bruderer vom Verein Technische Gesellschaft Arbon. Der Pensionierte arbeitete früher in der Fahrzeug-, Flugzeug- und Wärmepumpenbranche und begleitet das Projekt seit Beginn.

Dann fährt der Bus praktisch lautlos durch die Altstadt. Ab Herbst soll er den Bahnhof mit dem Schwimmbad verbinden – auf einer rund zwei Kilometer langen Rundroute mit neun Haltestellen, grösstenteils in Quartieren ohne regulären ÖV. Dank fünf Alternativrouten kann der Bus bei Veranstaltungen flexibel ausweichen.

Das futuristische Fahrzeug sorgt am Seeufer jetzt schon für Aufmerksamkeit. Passantinnen und Passanten zeigen sich neugierig: «Ungewohnt, aber eine gute Idee – besonders für Menschen, die schlecht zu Fuss sind», meint eine Frau. Ein anderer ist kritischer: Automatisierung im öffentlichen Verkehr könne Arbeitsplätze gefährden.

Busfahrer im Cockpit durch Frontscheibe gesehen.
Legende: Der Sicherheitsfahrer im «Self-Controlled City Liner» in Arbon: Während einer ersten Phase ist stets eine Person an Bord, um bei Bedarf einzugreifen. SRF / Marc Hanimann

«Das Projekt ist anspruchsvoll und wegen der Grösse des Busses auch risikobehaftet», sagt Bruderer. Bis zu 20 Personen sollen dereinst führerlos durch Arbon fahren – was das Bundesamt für Strassen (ASTRA) zu einer besonders sorgfältigen Prüfung veranlasst habe. Die Ausnahmebewilligung liess lange auf sich warten.

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In der Schweiz gab es schon mehrere Versuche mit autonomen Bussen – nicht immer erfolgreich.

Das erste Schweizer Pilotprojekt startete 2016 in Sitten VS: Die Postauto AG beförderte während drei Jahren 54'000 Fahrgäste mit autonomen Bussen. Doch es kam zu technischen Schwierigkeiten und einem Unfall.

2018 startete in Neuhausen am Rheinfall SH ein selbstfahrender Kleinbus – eingebunden in den regulären Strassenverkehr und das Leitsystem der Verkehrsbetriebe, eine Weltpremiere. Bis Herbst 2019 beförderte er über 35’000 Fahrgäste. Eine ETH-Studie zeigte wachsende Zustimmung zum autonomen Fahren und einen Imagegewinn für die Region.

Auch in Bern, Meyrin und Zug testete man ähnliche Shuttles.

3,5 Millionen kostet das Projekt mit dem Namen «Self-Controlled City Liner». Geld gibt es unter anderem vom Kanton. Laut den Verantwortlichen der Technischen Gesellschaft Arbon wäre es der erste ferngesteuerte fahrplanbasierte Linienbus in der Schweiz und in Europa, der künftig ganz ohne Fahrer verkehren soll. Das Interesse am Projekt sei im In- und Ausland gross – Anfragen kämen sogar aus der japanischen Hauptstadt, sagt Bruderer.

Der Bus kommt vom türkischen Hersteller Karsan und wurde gemeinsam mit der Softwarefirma ADASTEC entwickelt.

Letzte Vorbereitungen vor dem Start

Derzeit laufen die Tests noch ohne Fahrgäste. Bis zum offiziellen Start im Herbst müssen Haltestellen barrierefrei gemacht, Beschriftungen angepasst und der Bus auf der ganzen Strecke getestet werden.

In einer späteren Phase soll der Sicherheitsfahrer wegfallen, dann soll der Bus tatsächlich komplett autonom fahren. Ein Eingreifen aus der Betriebszentrale soll jedoch jederzeit möglich sein. Langfristig ist ein Betrieb im Halbstundentakt geplant.

Regionaljournal Ostschweiz, 7.8.2025, 17:30 Uhr ; 

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