Die Fahrt beginnt im Busdepot – zunächst noch mit einem Menschen am Steuer. Erst an der Teststrecke versetzt der Fahrer den selbstfahrenden Bus in den Automatikmodus. Dann übernehmen elf Kameras und mehrere Lasersensoren die Navigation.
Dennoch sitzt vorne im Fahrzeug immer eine Begleitperson, bereit einzugreifen, falls nötig. «Wir fahren jeden Morgen an den Startpunkt der Projektstrecke», erklärt Hansueli Bruderer vom Verein Technische Gesellschaft Arbon. Der Pensionierte arbeitete früher in der Fahrzeug-, Flugzeug- und Wärmepumpenbranche und begleitet das Projekt seit Beginn.
Dann fährt der Bus praktisch lautlos durch die Altstadt. Ab Herbst soll er den Bahnhof mit dem Schwimmbad verbinden – auf einer rund zwei Kilometer langen Rundroute mit neun Haltestellen, grösstenteils in Quartieren ohne regulären ÖV. Dank fünf Alternativrouten kann der Bus bei Veranstaltungen flexibel ausweichen.
Das futuristische Fahrzeug sorgt am Seeufer jetzt schon für Aufmerksamkeit. Passantinnen und Passanten zeigen sich neugierig: «Ungewohnt, aber eine gute Idee – besonders für Menschen, die schlecht zu Fuss sind», meint eine Frau. Ein anderer ist kritischer: Automatisierung im öffentlichen Verkehr könne Arbeitsplätze gefährden.
«Das Projekt ist anspruchsvoll und wegen der Grösse des Busses auch risikobehaftet», sagt Bruderer. Bis zu 20 Personen sollen dereinst führerlos durch Arbon fahren – was das Bundesamt für Strassen (ASTRA) zu einer besonders sorgfältigen Prüfung veranlasst habe. Die Ausnahmebewilligung liess lange auf sich warten.
3,5 Millionen kostet das Projekt mit dem Namen «Self-Controlled City Liner». Geld gibt es unter anderem vom Kanton. Laut den Verantwortlichen der Technischen Gesellschaft Arbon wäre es der erste ferngesteuerte fahrplanbasierte Linienbus in der Schweiz und in Europa, der künftig ganz ohne Fahrer verkehren soll. Das Interesse am Projekt sei im In- und Ausland gross – Anfragen kämen sogar aus der japanischen Hauptstadt, sagt Bruderer.
Der Bus kommt vom türkischen Hersteller Karsan und wurde gemeinsam mit der Softwarefirma ADASTEC entwickelt.
Letzte Vorbereitungen vor dem Start
Derzeit laufen die Tests noch ohne Fahrgäste. Bis zum offiziellen Start im Herbst müssen Haltestellen barrierefrei gemacht, Beschriftungen angepasst und der Bus auf der ganzen Strecke getestet werden.
In einer späteren Phase soll der Sicherheitsfahrer wegfallen, dann soll der Bus tatsächlich komplett autonom fahren. Ein Eingreifen aus der Betriebszentrale soll jedoch jederzeit möglich sein. Langfristig ist ein Betrieb im Halbstundentakt geplant.