Ans Gymnasium und dann studieren – das ist in der lateinischen Schweiz populär. Aber auch in der Deutschschweiz wählen vermehrt Jugendliche diesen Weg, auch in Kantonen, in denen die Maturitätsquote eher tief ist. Ein Beispiel ist der Kanton Aargau. Hier hat das Parlament die Weichen für neue Gymnasien gestellt. Die bisherigen platzen aus allen Nähten.
Im Aargau besuchen nur gut 17 Prozent der Jugendlichen ein Gymnasium, eine «Kanti», wie es hier heisst. Im Kanton Genf sind es 33 Prozent. Und doch steigen auch im Aargau die Schülerzahlen. Verantwortlich sei die wachsende Bevölkerung, hiess es am Dienstag im Kantonsparlament. Auch Kinder von Zuwandererfamilien würden vermehrt eine Mittelschule besuchen.
Schon jetzt ist es eng an den Schulen, das zeigt ein Besuch an der Alten Kantonsschule Aarau. Im ältesten Gymnasium des Kantons ging einst Albert Einstein zur Schule. Unterdessen ist der Platz in den historischen Schulzimmern und im angrenzenden Neubau zu eng geworden. Bereits jetzt mietet die Schule Räume hinzu, um für alle Klassen Platz zu finden.
«Es wird langsam eng», sagt Andreas Hunziker, Rektor der Alten Kanti Aarau. In den kleinen Schulzimmern stehen Co2-Sensoren. Wird der Wert zu hoch, muss gelüftet werden. Heute führt Hunzikers Schule 60 Klassen. Bis 2029 werden es 70 sein.
Historisches Gymnasium: Alte Kanti Aarau
Am Dienstag hat sich das Kantonsparlament dafür ausgesprochen, dass zwei weitere Mittelschulen geplant werden, in Lenzburg und Windisch. Sie sollen die Standorte Aarau, Baden, Wettingen, Wohlen und Zofingen und den geplanten in Stein ergänzen. Das kostet rund 600 Millionen Franken.
Turnhallen kann man nicht mieten
Werden neue Schulen die Platzprobleme der Alten Kanti Aarau lösen? Mittelfristig ja, meint Rektor Andreas Hunziker. Da die neuen Gymnasien aber nicht vor 2035 stehen, muss die Kantonsschule weiterhin Räume hinzumieten: «Das Problem sind Spezialräume für Sport, Gestalten oder naturwissenschaftliche Praktika. Die kann man nicht einfach irgendwo mieten.»
Seit längerer Zeit gilt die Schwimmhalle in Aarau als weitere «Turnhalle» für die Gymnasiasten. Einmal pro Woche müssen sie zum Schwimmunterricht. Das entlastet die stark ausgebuchten Turnhallen.
Maturitätsquote begrenzen?
Die Frage ist, ob es überhaupt mehr Maturanden braucht. Das Aargauer Parlament war sich nicht einig darüber, ob man die Maturitätsquote beschränken soll. Das verlangte eine Minderheit der Bildungskommission im Parlament.
Man könne steuern, wie viele Jugendliche eine Matur angehen würden. «Es ist eine Qualität und kein Makel, wenn der Aargau eine tiefe Maturitätsquote hat», sagte FDP-Fraktionssprecherin Jeanine Glarner. Man solle doch bestehende Kantonsschule ausbauen. Der Aargauer Bildungsdirektor Alex Hürzeler (SVP) betonte hingegen, dass der Kanton in den wertschöpfungsstarken Betrieben Maturandinnen und Maturanden brauche.
Die Kosten seien hoch, der Zeitplan lang, meinte ein Sprecher der EVP. Trotzdem würden sich Kanti-Neubauten lohnen. Alain Burger, Sprecher der SP-Fraktion, fand, es sei an der Zeit, auszubauen: «Jahrzehntelang wurde nicht in den kantonalen Schulraum investiert. Die letzten Kantonsschulen wurden in den 1970er-Jahren gebaut. Es wurde ein Provisorium nach dem nächsten aufgestellt.» Dies gelte es zu ändern.
Am Schluss kam der Antrag, die Maturitätsquote zu begrenzen, knapp nicht durch, mit 67 Nein- zu 64 Ja-Stimmen.