«Die schöne Seite des Sozialismus», twittert Claude Béglé während seiner zehntägigen Nordkorea-Reise. Eine traditionelle Aufführung mit Kindern hat es ihm offensichtlich angetan. Auch sonst scheint der CVP-Nationalrat positiv überrascht von den Lebens- und Arbeitsbedingungen im totalitären Staat:
Zwar seien die Löhne in einer Textilfabrik niedrig, doch der Staat kümmere sich um alles – von der Unterkunft übers Essen bis zur Bildung.
Die Reaktionen in den sozialen Medien fallen geharnischt aus. Ein Mitarbeiter von «Brot für alle» empfiehlt dem Waadtländer Politiker etwa die Lektüre eines Berichts der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Dieser dokumentiert die systematische Folter und Aushungerung der Insassen in den Arbeitslagern des Regimes.
Auch die Politik zeigt wenig Verständnis. CVP-Präsident Gerhard Pfister, der das Land 2008 selbst bereiste, geht gegenüber dem «Tages-Anzeiger» hart mit seinem Parteikollegen ins Gericht: «Er ist der nordkoreanischen Propaganda aufgesessen. (…) Ich werde mit ihm das Gespräch suchen.»
Wegen der Redseligkeit einzelner Parlamentsmitglieder darf die Reisefreiheit keinesfalls eingeschränkt werden.
Doch dabei soll es nicht bleiben. Um ähnliche Vorfälle zu verhindern, wollen die Büros von National- und Ständerat die Regeln für solche Auslandsreisen anpassen, schreibt der «Tages-Anzeiger». Ungeteilte Zustimmung findet das Vorhaben aber nicht.
Gegenüber SRF News sagt Heinz Brand, SVP-Nationalrat und Mitglied des Nationalratsbüros: «Ich erwarte von Kolleginnen und Kollegen, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind, wenn sie auf Auslandsreisen sind.» Insbesondere, was Verlautbarungen aus «kritischen Ländern» wie Nordkorea angehe.
Allerdings: Zusätzliche Regelungen brauche es nicht. «Den Parlamentariern muss einfach vermehrt eingeschärft werden, dass sie im Ausland nicht als Privatpersonen auftreten können.»
Nun steht auch die Idee im Raum, dass Parlamentarier nicht mehr alleine reisen sollen. «Völlig überspitzt», findet der Bündner SVP-Mann: «Wegen der Redseligkeit einzelner Parlamentsmitglieder darf die Reisefreiheit keinesfalls eingeschränkt werden.»
Parlamentarier seien bei privaten Reisen als Bürger unterwegs und verträten nicht die Schweiz, sagt Brands Parteikollege Rino Büchel. Doch «pseudo-offizielles Auftreten» könne zu Missverständnissen führen. In Béglés Fall habe Nordkorea sicher «eine Riesenfreude» an dessen Äusserungen gehabt.
Gesetz oder Verhalten ändern?
Büchel gehört zusammen mit den Nationalrätinnen Isabelle Moret (FDP/VD) und Elisabeth Graf-Litscher (SP/TG) zu der Arbeitsgruppe, die die bisherigen Regeln für Privatreisen von Parlamentariern überprüfen soll.
Graf-Litscher sieht Handlungsbedarf bei der Bezeichnung der Parlamentarier-Reisen. So brauche es Richtlinien, wann eine Schweizer Delegation als offizielle Delegation im Ausland unterwegs sein dürfe. Das sei umso wichtiger in Ländern, in denen die Schweiz eine diplomatische Rolle spiele.
Für die Nationalrätin sollten deshalb nur noch Reisen der Legislativkommissionen als offizielle Delegationen bezeichnet werden können. Denn diese seien für den Austausch mit anderen Ländern wichtig. Und sie müssten schon heute vom Büro des Nationalrats bewilligt werden.
Für Büchel muss eine offizielle Delegation eine gewisse Anzahl von Parlamentariern aufweisen und die ganze Parteienbreite beinhalten. «Einzelmasken» wie im Fall Béglé soll es seiner Meinung nach nicht mehr geben.