Zum Inhalt springen

Politischer Vorstoss Basel debattiert über Suizidnetze beim Münster

Die Erfahrungen aus Bern zeigen, dass bauliche Anti-Suizidmassnahmen wirkungsvoll sind.

Täglich nehmen sich in der Schweiz drei Personen das Leben. Einer der Orte, an dem Suizide geschehen, ist die Pfalz beim Basler Münster, auch wenn sie kein Hotspot für Suizide sei, wie eine Sprecherin des Basler Gesundheitsdepartementes sagt. Die Pfalz ist jene Terrasse hinter dem Münster, von der eine knapp 20 Meter hohe Mauer zum Rhein hinterfällt.

Ich habe erlebt, wie sich eine Person das Leben nehmen wollte. Ein Netz hat ihr das Leben gerettet.
Autor: Annina von Falkenstein Basler Grossrätin (LDP)

Trotzdem verlangt die Liberale Grossrätin Annina von Falkenstein, dass beim Basler Münster ein Netz angebracht wird. «Ich habe in Bern auf dem Arbeitsweg erlebt, wie eine Person sich das Leben nehmen wollte. Das Sicherheitsnetz hat ihr das Leben gerettet», sagt von Falkenstein. Ihr gehe es nicht nur um die suizidal Gefährdeten, sondern auch um den Schutz jener Personen, die an eine solche Tat heranlaufen – so wie sie damals. «Das war sehr belastend.»

Zögerliche Basler Regierung

Ihr Onkel, ebenfalls ein Grossrat, hat bereits vor zwei Jahren einen Vorstoss eingereicht, der die Errichtung von Auffangnetzen bei der Pfalz beim Basler Münster verlangte und ebenso bei Brücken. «Seither ist eigentlich nichts geschehen», meint von Falkenstein und begründet so ihren neuen politischen Vorstoss.

Bei heiklen Orten haben wir sanfte Massnahmen ergriffen, verraten aus Sicherheitsgründen aber nicht welche.
Autor: Anne Tschudin Sprecherin Gesundheitsdepartement Basel-Stadt

Beim Basler Gesundheitsdepartement weist man die Kritik zurück. «Das Thema wurde von allen Fachstellen intensiv diskutiert», sagt dessen Sprecherin Anne Tschudin. «Wir haben an allen heiklen Orten sanfte Massnahmen ergriffen.» Welche und wo will Tschudin nicht sagen, um suizidal gefährdeten Personen keinen Hinweis auf die Stellen zu geben. Auffallend: Seit einigen Monaten hängen bei einzelnen Brücken kleine Schilder mit der Telefonnummer der «Dargebotenen Hand».

Bern als Vorbild

Bern trug lange Zeit den traurigen Schweiz-Rekord bei der Selbstmordrate. Die Münsterplattform, aber auch die fünf Brücken, die über die Aare führen, waren Orte, von denen sich regelmässig suizidale Personen in die Tiefe stürzten. Bereits 1998 errichtete die Stadt bei der «Pläfe», wie die Berner die Münsterplattform nennen, ein Netz. Die Selbstmordrate dort sank danach auf Null. Unterdessen sind auch die Kornhaus- und die Kirchenfeldbrücke mit einem Auffangnetz ausgerüstet, mit gutem Erfolg.

Untersuchungen zeigen, dass mit Auffangnetzen die Suizidrate um 70 – 80% gesenkt werden kann
Autor: Undine Lang Leiterin psychiatrische Dienste der Uniklinik Basel

Undine Lang, Leiterin der psychiatrischen Dienste des Unispitals Basel bestätigt: «Auffangnetze verhindern Suizide.» Untersuchungen hätten gezeigt, dass durch höhere Brüstungen und Netze bei Brücken die Suizidrate um 70 bis 80 Prozent gesenkt werden könne.

Das hat auch die Stadt Fribourg überzeugt, ihre Zähringerbrücke mit Auffangnetzen auszurüsten. Das haben die Behörden Anfang Februar beschlossen.

Berner Netze als Impulsgeber für Golden Gate Brücke

Das Konzept der Berner Auffangnetze hat übrigens auch die Betreiber der Golden Gate Brücke überzeugt. Die Golden Gate Brücke, die in einer Höhe von 70 Meter die Bucht von San Francisco überspannt, ist seit 2018 mit gleichen Netzen wie die Berner Brücken ausgerüstet.

Golden Gate Brücke mit Auffangnetzen
Legende: Die Golden Gate Brücke bei San Francisco ist mit den gleichen Auffangnetzen ausgerüstet wie die Berner Brücken. Keystone

Beinahe jede Woche stürzte sich jemand von der berühmten Brücke in den Tod. Seit die Auffangnetze aufgezogen sind, sank die Selbstmordrate laut dem «San Francisco Chronicle» deutlich.

Hilfe bei Suizidgedanken

Regionaljournal Basel, 23.2.2022, 17:30 ; 

Meistgelesene Artikel