Die Schweiz rühmt sich gerne als «ÖV-Weltmeister». Die Bahn schneidet jedoch vor allem zwischen den grossen Zentren wie Zürich und Bern oder Lausanne und Genf gut ab, sowie auf längeren Strecken.
Aber selbst auf gut ausgebauten S-Bahn-Verbindungen dominiert das Auto. Über 60 Prozent aller Fahrten werden weiterhin mit dem Auto zurückgelegt.
Trotz Milliardeninvestitionen stagniert der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Gesamtverkehr. So ist Klimaneutralität bis 2050 nicht erreichbar.
Wie aber sollen mehr Autofahrerinnen und Autofahrer von der Strasse auf die Schiene gelockt werden? Die ÖV-Unternehmen BLS, Südostbahn SOB und Postauto setzen auf künstliche Intelligenz. Mit anonymisierten Mobilfunkdaten und Verkehrsmustern berechnen sie, wo das Potenzial besonders gross ist, Automobilisten auf den ÖV zu lenken.
Dank Pop-Up-Zug entfällt Umsteigen in Bern
Dazu gehört etwa die Strecke zwischen Burgdorf und Ostermundigen. Tausende fahren die Route jeden Tag mit dem Auto - und stehen dabei oft auf der überlasteten Autobahn A1 im Stau.
ÖV-Reisende mussten bislang in Bern umsteigen. Dies machte die Route wegen des Zeitverlustes für Zugpendlerinnen und Zugpendler wenig attraktiv.
Diese Zeiten sind zumindest vorübergehend vorbei. Seit Ende Oktober verkehrt ein Pop-Up-Zug der BLS während den Stosszeiten zwischen Burgdorf und Ostermundigen.
Bei den Reisenden kommt dies gut an, wie eine Umfrage zeigt: «Ich spare so 20 Minuten Reisezeit, das ist sehr praktisch für mich», sagt Björn Schenk.
Tobias Schär reist von Herzogenbuchsee nach Ostermundigen. Bislang fuhr er die Strecke meist mit seinem Auto. «Jetzt komme ich tatsächlich mit dem Zug, weil er nun viel schneller ist.»
Nur wenige Reisende nützen neue Verbindung
Der Andrang auf den Pop-Up-Zug hält sich allerdings in Grenzen. Um 8:08 Uhr – mitten in der Stosszeit also – zählte der SRF-Reporter gut 30 Personen in der Verbindung. Auch abends verirrten sich nur wenige Pendlerinnen in den Extrazug. Tanja Blum etwa war unterwegs nach Ostermundigen, um Squash zu spielen. Sie freut sich über den Zeitgewinn bei der Fahrt. «Es ist immer praktisch, wenn man nicht umsteigen muss», sagt sie.
Bald ist es damit vorbei. Der letzte Pop-Up-Zug verkehrt am 9. Dezember. «Das ist schade, dann steige ich wohl oder übel wieder auf das Auto um», sagt Tobias Schär.
Ob es weitere Pop-Up-Züge gibt, ist offfen
Warum dauert der Pilotversuch nur sechs Wochen? Einerseits hatte die BLS bis zum Fahrplanwechsel Rollmaterial verfügbar. Das Bahnunternehmen betont weiter, dass es sich um einen kurzfristig angelegten und kostengünstigen Versuch handle. Die BLS hat die neue Verbindung vor allem auf sozialen Medien und in Privatradios beworben.
Eine Bilanz will die BLS noch nicht ziehen. Sprecher Stefan Locher sagt, dass man die Fahrten detailliet ausgewertet und die Passagiere befragt habe. «Dann wissen wir, ob das Angebot bei den Reisenden ankommt und was ihre Bedürfnisse sind.» Ob und wann weitere Pop-Up-Züge verkehren, will die BLS noch nicht sagen.