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Prämie statt Verbot So bringt Bern Hausbesitzer zum Umdenken – ohne Ölheizungsverbot

Mehrere Kantone versuchen, Ölheizungen aus den Häusern zu verbannen. Bern ist sehr erfolgreich – ganz ohne Verbot.

Rund ein Drittel der Schweizer Co2-Emissionen ist auf Gebäude zurückzuführen: Gas- oder Ölheizungen sind ein Grund dafür, aber auch schlechte Isolation. Dementsprechend hoch ist das Einsparpotential. Den Öl- und Gasheizungen soll es jetzt aber an den Kragen gehen. Der Trend zeigt auch klar in Richtung Klimaschutz: Immer mehr neue Heizungen setzen auf Wärme aus erneuerbaren Quellen statt Öl.

Diese Entwicklung wollen mehrere Kantone zusätzlich beschleunigen. Am vergangenen Abstimmungssonntag hat Zürich als einer der ersten Kantone einem faktischen Verbot zugestimmt. Hat eine entsprechende Heizung ihr Lebensende erreicht, muss sie mit einer klimafreundlicheren Variante ersetzt werden: Fernwärme oder Wärmepumpe, beispielsweise.

Bern versucht es ohne Verbot

Die bernischen Behörden greifen tief ins Portemonnaie, um das Heizen im Kanton klimaschonender zu machen. 2019 hat der Kanton die Förderbeiträge mehr als verdoppelt, auf 10'000 Franken. Zuvor war die Prämie halb so hoch. Das wirkt: Seither hat sich die Gesuche für neue Heizungen vervierfacht.

Die Prämie ist das Tüpfchen auf dem I.
Autor: Stefan Weber Jurist und Hausbesitzer

Auch die Wohnungsbesitzerinnen und -besitzer eines Hauses im Berner Ostringquartier haben sich entschieden, die alte Ölheizung loszuwerden und sie durch eine Wärmepumpe zu ersetzen. «Es war in erster Linie ein ökologischer Entscheid», sagt Stefan Weber, er wohnt in einer der Wohnungen. Und: «Die Fördermittel des Kantons haben uns den Entscheid definitiv erleichtert.»

Berns Prämie ist aussergewöhnlich hoch: Kein anderer Kanton bietet so viel. «Es war ein Experiment. Wir wollten wissen, ob wir die Leute zum Umsteigen bewegen können. Ja, das können wir», erklärt Ulrich Nyffenegger, Leiter Amt für Umwelt und Energie im Kanton Bern.

Opfer des eigenen Erfolgs

Aber Bern wurde Opfer des eigenen Erfolgs: «Wir haben das Budget überzogen», so Nyffenegger. «Wir mussten den Beitrag nach unten korrigieren.» Nun ist die Prämie, die man erhält, etwas tiefer angesetzt: Für die beliebteste Variante – Ölheizung durch Luft-Wärmepumpe ersetzen – gibt es heute noch 6000 Franken. «Wir liegen damit immer noch über dem Schweizer Durchschnitt.» Die Gesuche blieben auf hohem Niveau. Der Plan der Regierung ist aufgegangen.

Die Bevölkerung hat gemerkt, dass man Ölheizungen ersetzen soll. Und dass es dafür Geld gibt.
Autor: Ulrich Nyffenegger Leiter Amt für Umwelt und Energie Kanton Bern

Auf gesetzlichem Weg regeln wollte die Berner Stimmbevölkerung die Zukunft der Öl- und Gasheizungen nämlich nicht: Das entsprechende Energiegesetz wurde 2019 vom Stimmvolk knapp abgelehnt, mit 50.6 Prozent. Eine Nachwahlbefragung ergab aber, dass sich die Bevölkerung dennoch eine klimafreundlichere Politik wünscht, die präsentierten Massnahmen seien jedoch die falschen gewesen.

eine Wärmepumpe.
Legende: 2021 wurden so viele neue Wärmepumpen installiert wie noch nie zuvor. Keystone

Nun präsentierte der Regierungsrat dem Parlament eine neue Version des Gesetzes, allerdings ohne den Passus bezüglich Heizungen. Die Klimaziele des Bundes sollen «mit Anreizen statt Verboten» erreicht werden. In Bern scheint das zu funktionieren.

Das Berner Energiegesetz

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Der Grosse Rat debattierte ausführlich über die Energie-Zukunft des Kantons.

Die SP startete erneut einen Versuch, die Öl und Gasheizungen wie im Kanton Zürich zu verbieten. Die Ratsmehrheit bleib aber dabei: Es gebe genügend Anreize, um auf Ölheizungen zu verzichten. Da brauche es kein Verbot.

Auch bei den Solarzellen will das Kantonsparlament nicht auf eine Verpflichtung setzen. Es hat knapp entschieden, dass Dachflächen nicht zwingend mit Solarenergie bestückt werden müssen.

Schlussendlich wurde das Gesetz vom Parlament in einer ersten Lesung einstimmig bei neun Enthaltungen verabschiedet. Das letzte Wort werden allerdings wieder die Bernerinnen und Berner an der Urne haben.

Schweiz Aktuell, 30.11.2021, 19:00 Uhr

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