In der Schweiz gibt es einige grosse und Hunderte kleine Sicherheitsfirmen, viele mit nur einer Handvoll Angestellten. 24'000 Personen zählt laut einer Schätzung des Bundes die private Sicherheitsbranche – ähnlich viele wie Polizistinnen und Polizisten im Land.
Private Sicherheitsfirmen sind fast überall tätig, oft in öffentlichem Auftrag. Reguliert ist diese Branche bis jetzt aber kaum. «Es gibt sogar Kantone, welche die private Sicherheit gar nicht geregelt haben», sagt Pascal Cattilaz, Direktor des Verbandes Schweizerischer Sicherheitsdienstleistungs-Unternehmen (VSSU).
Da braucht es nur ein paar Turnschuhe und ein T-Shirt, und schon ist man Sicherheitsfachmann.
Cattilaz kritisiert die tiefen Hürden für Brancheneinsteiger: «Da braucht es nur ein paar Turnschuhe und ein T-Shirt, und schon ist man Sicherheitsfachmann.»
Keinerlei Bewilligung braucht es etwa in den Kantonen Schwyz, Obwalden, Glarus oder Zug. Aus diesen Kantonen heraus darf ein Unternehmen seine Dienstleistung dank Binnenmarktgesetz in der ganzen Schweiz anbieten. Also auch in Kantonen, die eigentlich strengere Vorgaben machen.
Nivellierung nach unten
So würden selbst vorbildliche kantonale Regeln zunichte gemacht, sagt Cattilaz. In der Branche findet eine Nivellierung nach unten statt.
Wie gross das Problem ist, zeigte Anfang Jahr eine Recherche von SRF Investigativ: Eine verdeckt recherchierende Journalistin wurde ohne Überprüfung und ohne Ausbildung in einem Asylzentrum in der Stadt Zürich eingesetzt.
Im GAV sind im Minimum 20 Ausbildungsstunden vorgegeben, bevor die Leute in den Einsatz gehen. Schon hier hapert es.
Cattilaz ärgern solche Beispiele. Zumindest ein Strafregisterauszug müsse überprüft werden, und auch bei der Ausbildung brauche es minimale Standards: «Im GAV sind im Minimum 20 Ausbildungsstunden vorgegeben, bevor die Leute in den Einsatz gehen. Schon hier hapert es.»
Bundesrat, Nationalrat und KKJPD für schweizweite Regeln
Der Branchenverband möchte deshalb mehr Regulierung. Und er hat Verbündete, zum Beispiel den ehemaligen Stadtberner Sicherheitsdirektor und Mitte-Nationalrat Reto Nause. «Ein Türsteher vor der Bar, der vorbestraft ist wegen Körperverletzung, das kann nicht sein.» Nause forderte deshalb die nationalen Mindeststandards per Motion.
Es gibt weiterhin schwarze Schafe unter den Firmen, welche die Standards nicht erfüllen. Das Problem ist ungelöst.»
Auch Bundesrat und Nationalrat waren für eine Bundesregelung. Selbst die kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) setzten sich dafür ein, obwohl eigentlich die Kantone für die Regulierung zuständig wären. «Es gibt weiterhin schwarze Schafe, welche die Standards nicht erfüllen. Das Problem ist ungelöst», sagt KKJPD-Generalsekretär Florian Düblin.
Doch der Ständerat stellt sich gegen nationale Mindeststandards – trotz Werbeoffensive der KKJPD. Nationale Vorgaben für private Sicherheitsdienstleister sind damit vom Tisch.
Das ist sicherlich für die Sicherheit keine gute Ausgangslage.
Hauptargument in der kleinen Kammer: Die Kantone sollen diese Sache selber regeln. KKJPD-Generalsekretär Düblin gibt zu bedenken: «Das ist theoretisch richtig. Wir haben das versucht, aber wir sind mit einem gesamtschweizerischen Konkordat gescheitert und hätten jetzt eine gesamtschweizerische Lösung begrüsst.»
Und auch Mitte-Nationalrat Reto Nause schüttelt den Kopf: «Das ist sicherlich für die Sicherheit keine gute Ausgangslage.»
Der Ruf der Branche leidet darunter. Wenn private Sicherheitsdienste vor der Disco oder im Park Menschen kritisch beäugen, ist es gut möglich, dass die Betroffenen ebenso kritisch zurückäugen, im Zweifel darüber, wie qualifiziert die privaten Sicherheitsleute für ihre Aufgabe wirklich sind.