Nichts weniger als eine Revolution soll sie sein: die Luftseilbahn, die in der Stadt Solothurn geplant ist. «Die Machbarkeitsstudie zeigt, dass eine solche Bahn möglich ist», sagt Studienautor Johannes Sutter. «Wir haben alles geprüft, rechtliche und technische Voraussetzungen. Es gibt nichts, was das Projekt unmöglich macht.»
Dies ist die Idee: Die Gondelbahn soll den Bahnhof Solothurn mit den beiden Entwicklungsgebieten Riverside und Attisholz verbinden. An beiden Orten entstehen auf ehemaligen Industriearealen in den nächsten Jahren hunderte Wohnungen und Arbeitsplätze.
Erschlossen sind die beiden Entwicklungsgebiete bislang durch Buslinien und einen Bahnhof. Das Verkehrsaufkommen auf den Strassen ist hoch, die Busse stehen oft im Stau. Am Bahnhof fährt nur jede halbe Stunde eine S-Bahn nach Solothurn. Die Gondelbahn soll mit einer Kapazität von 1200 bis 1500 Personen pro Stunde Abhilfe schaffen.
Studienautor Johannes Sutter ist überzeugt, dass in Solothurn die erste urbane Gondelbahn der Schweiz entstehen kann. Projekte wie die Aaregondel gibt und gab es allerdings bereits mehrere in der Schweiz. Gondelbahnen durch die Stadt blieben hierzulande bislang allerdings Träume.
Schweizer Seilbahn-Visionen
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Bild 1 von 5. In Biel gibt es die Vision einer Stadtseilbahn, die Industrie, Stadtzentrum und das Seeufer miteinander verbindet. Angedacht sind zwei Linien mit einer Gesamtlänge von 7 Kilometern. Bildquelle: Urban Zéro.
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Bild 2 von 5. In Zürich sollte eine Luftseilbahn über den Zürichsee gebaut werden. Initiantin war die Zürcher Kantonalbank. Sie gab das Projekt auf, nachdem das Zürcher Verwaltungsgericht Gegnern der Bahn recht gab. Bildquelle: Zürcher Kantonalbank.
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Bild 3 von 5. Ebenfalls in Zürich wird über eine Gondelbahn zum Zoo diskutiert. Damit soll der Zoo besser an den Zug angebunden werden. Das Projekt ist aktuell wegen Einsprachen blockiert. Bildquelle: Zooseilbahn.
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Bild 4 von 5. In Freiburg wurde 2016 die Idee einer Luftseilbahn lanciert. Diese sollte das Stadtzentrum, mit einem wichtigen Entwicklungsgebiet verbinden. Die Pläne wurden auf Eis gelegt, da die Kosten zu hoch und der Nutzen zu gering waren. Bildquelle: map.geo.admin / SRF.
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Bild 5 von 5. In Lausanne verkehren mehrere Métrolinien. Es gibt aber auch Überlegungen zu einer Stadtseilbahn. Ebenfalls Thema waren Stadtseilbahnen in Genf, Morges, St. Gallen und Zug. Bislang wurden die Ideen aber nirgends in der Schweiz Realität. Bildquelle: Keystone / JEAN-CHRISTOPHE BOTT.
Wie die vielen Projekte in der Schweiz zeigen, werden Luftseilbahnen seit einigen Jahren immer wieder als Lösung für Verkehrsprobleme propagiert. Tatsächlich ist eine Seilbahn günstiger als zum Beispiel eine neue Strassenbahn oder Tunnels.
Und die Idee, in der Luft Menschen zu transportieren, scheint vielversprechend. Der Betrieb von urbanen Gondelbahnen ist auch relativ energieeffizient, da man zum Beispiel die Anzahl Gondeln reduzieren kann, wenn weniger Personen transportiert werden. In verschiedenen Städten auf der ganzen Welt gibt es Vorbilder, die auch hierzulande bei ähnlichen Projekten gerne erwähnt werden.
Vorbilder auf der ganzen Welt
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Bild 1 von 4. Luftseilbahnen in urbanen Gebieten entstanden vor allem in Südamerika. Pionierin war dabei die zweitgrösste Stadt Kolumbiens, Medellin. Bildquelle: Imago / Xinhua / Sylvia Zarate.
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Bild 2 von 4. Das grösste Netz an städtischen Luftseilbahnen hat die bolivianische Stadt La Paz. Aktuell gibt es ein Netz von 30 Kilometern, auf denen 10 Linien verkehren. Bildquelle: Imago / Lucas Vallecillos.
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Bild 3 von 4. In der georgischen Hauptstadt Tiflis führt eine Luftseilbahn über die Dächer der Altstadt. Bildquelle: Imago.
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Bild 4 von 4. In der Agglomeration von Paris wird aktuell eine neue Luftseilbahn gebaut. Diese hat fünf Stationen und geht über eine Distanz von 4.5 Kilometern. Bildquelle: Île-de-France Mobilités.
Möglich sind urbane Gondelbahnen also. Es gibt aber auch viele Hürden, wie sich am Beispiel Solothurn exemplarisch zeigt. So gibt es entlang der Aare verschiedene Schutzgebiete für Vögel. Machbarkeitsstudienautor Johannes Sutter meint, es gäbe Lösungsmöglichkeiten.
Naturschutz und Privatsphäre als Hindernisse
Damit die Gondeln die brütenden Vögel nicht stören, könnte man die Gondeln hoch über dem Brutgebiet führen. Allerdings könnte es so zum Konflikt mit Landschafts- und Heimatschützern kommen. Schliesslich ist eine Gondelbahn ein relativ grosser Eingriff ins Ortsbild.
Eines der Haupthindernisse für städtische Gondelbahnen ist, dass betroffene Grundeigentümerinnen und -eigentümer einverstanden sein müssen, wenn die Gondelbahn ihre Grundstücke überquert. Fahrgäste erhalten schliesslich Einblick in Gärten oder Wohnungen von Anwohnerinnen und Anwohnern, was diese oft nicht schätzen.
Die erste urbane Gondel hätte auf jeden Fall eine Strahlkraft, die über Solothurn hinaus ginge, sind die Initianten überzeugt. Allerdings wollen sie die Gondelbahn als Angebot des öffentlichen Verkehrs verstanden wissen. Dies bedingt allerdings, dass nun der Kanton Solothurn das Heft in die Hand nimmt.
Erste Kostenschätzungen gehen von 35 Millionen Franken aus. Ob sich der finanziell klamme Kanton Solothurn dies leisten kann und will, ist offen. Die Hürden für eine Gondelbahn in der urbanen Schweiz sind auf jeden Fall hoch. Für die bisherigen Projekte in der Schweiz waren sie zu hoch.