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Psychische Not bei Jungen Notrufnummer 147 ausgelastet – das sind die Hintergründe

Die Nummer wird immer häufiger beansprucht. Das hat mit der einfacheren Erreichbarkeit zu tun. Aber nicht nur.

Darum geht es: Die Notrufnummer 147 für Kinder und Jugendliche ist gefragt: 47'700 Kontaktanfragen sind im Jahr 2024 eingegangen. Das sind 13 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Laut der Stiftung Pro Juventute hat sich der Aufwand für die Beratungen seit 2019 verdoppelt. Stark zugenommen hätten Anfragen zu Gewalt in der Familie, zu Mobbing und sexueller Gewalt, sagt Lulzana Musliu, Mediensprecherin von Pro Juventute. Zu Gewalt in der Familie hätten sie 14 Anfragen pro Woche.

Häufigstes Thema ist Suizid: Jeden Tag kämen 13 Anfragen zu Suizid über die Nummer 147 an. Die Beratung habe darauf über 207 Mal eine Krisenintervention ausgelöst. Das heisst: Es wurde eine Blaulichtorganisation oder eine zuständige Institution aufgeboten, um Gefahr abzuwenden. Im Jahr 2019 waren es noch 57. Lulzana Musliu sagt: «Wir spüren eine Verschiebung hin zu schwereren Themen. Die Beratungen wegen Suizidgedanken haben sich fast verdreifacht.»

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Es gibt verschiedene Stellen, an die sich Menschen in suizidalen Krisensituationen wenden können. Rund um die Uhr, vertraulich und kostenlos.

Hilfe rund um die Uhr: Die Notrufnummer 147 gibt es seit 1999. Heute arbeiten dort rund 80 Personen rund um die Uhr – in der ganzen Schweiz. Erreichbar ist die Nummer 147 über das Telefon, über Whatsapp oder E-Mail. Die Beratungen sind kostenlos und vertraulich. Die Jüngsten, die sich bei der Nummer 147 melden, sind 11- bis 12-jährig. Laut Pro Juventute sind es viel mehr junge Frauen als junge Männer.

Wir wurden richtig überrannt.
Autor: Lulzana Musliu Mediensprecherin Pro Juventute

Folge der besseren Erreichbarkeit: Pro Juventute stellt fest, dass die psychische Belastung der jungen Menschen hoch ist. Die Zunahme der Beratungen hat jedoch nicht nur mit der hohen Belastung der jungen Menschen zu tun. Seit 2022 ist die Notrufnummer 147 auch über Whatsapp erreichbar. «Das hat unsere Erreichbarkeit verbessert», sagt Mediensprecherin Lulzana Musliu. Im ersten Jahr zählte Pro Juventute dort 384 Stunden Beratungsaufwand. 2024 waren es bereits über 5000 Stunden auf diesem Kanal. «Wir wurden richtig überrannt, haben den Nerv der Zielgruppe getroffen.»

Junge Menschen stehen vor einem Plakat.
Legende: Junge Menschen betrachten ein Plakat während der Vernissage der Kampagne «Takecare Me» zu Suizidprävention im September 2021, in Bern. KEYSTONE/Anthony Anex

Folge von knappen Ressourcen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie: Die Notrufnummer werde häufig auch als Überbrückung genutzt, sagt Lulzana Musliu. «Die 147 ist auch dann erreichbar, wenn der Therapeut oder die Therapeutin in den Ferien ist.» Zudem gebe es lange Wartezeiten für Hilfesuchende. «Wir sehen, dass junge Menschen, die in einer belasteten Situation sind, nicht so rasch Hilfe bekommen, wie sie gerne möchten.» Die niederschwelligen Angebote würden somit das gesamte System der Hilfe für Menschen mit psychischen Problemen entlasten, viele Fälle könnten damit bereits frühzeitig aufgefangen werden.

Kritik an IV-Revision

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In einem Brief an den Bundesrat fordern Organisationen wie Pro Juventute, Pro Infirmis, Pro Mente Sana und weitere, dass die Invalidenversicherung (IV) junge Menschen mit psychischen Problemen wirksam unterstützen soll. Insbesondere stellen sie sich gegen den Vorschlag, dass für IV-Renten ein Mindestalter von 30 Jahren gelten soll, wie von IV-Stellen kürzlich gefordert. Eine solche Massnahme würde den Druck auf betroffene Menschen erhöhen und Verschuldung, Sozialhilfeabhängigkeit und Perspektivlosigkeit fördern.

SRF 4 News, 20.6.2025, 14 Uhr;flal;brus

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