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Rahmenabkommen mit der EU «Auf Zeit spielen bringt niemanden weiter»

Für die österreichische Aussenministerin Karin Kneissl ist klar: Im Streit ums Rahmenabkommen liegt der Ball bei der Schweiz.

Die österreichische Aussenministerin Karin Kneissl weilte heute zu einem Arbeitsbesuch in Bern. Die parteilose, aber von der FPÖ nominierte Aussenministerin empfiehlt der Schweiz, nicht auf Zeit zu spielen, wenn es um das umstrittene Rahmenabkommen mit der EU geht. Stattdessen müsse die Politik den Mehrwert des Abkommens klar kommunizieren.

Karin Kneissl

Bundesministerin für Äusseres Österreich

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Die ehemalige Diplomatin Karin Kneissl ist parteilose Politikerin. Seit Ende 2017 ist sie Bundesministerin für Europa, Integration und Äusseres der Republik Österreich. Sie wurde von der FPÖ für das Amt in der Regierung vorgeschlagen.

SRF News: Frau Aussenministerin, Sie haben letzte Woche gesagt, die Schweiz solle dieses Abkommen unterzeichnen. Weshalb?

Karin Kneissl: Das Abkommen wurde langwierigst ausgearbeitet, mit Experten auf allen Ebenen. Es wurde entlang bestimmter Referenzen geschaffen. Jeder hat gesagt, wie weit er bereit ist, zu gehen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Jetzt muss von Schweizer Seite der nächste Schritt gemacht werden.

Kritisch ist die Rolle des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Dieses soll zumindest indirekt bei der Weiterentwicklung des bilateralen Rechtes und der Umsetzung des Abkommens mitbestimmen können. Viele in der Schweiz fürchten dadurch einen Souveränitätsverlust. Verstehen Sie diese Ängste?

Souveränitätsverlust erfahren wir in einer multilateral organisierten Welt tagtäglich. Vom Multilateralen bekommt man aber auch etwas zurück. Denn ansonsten steht man völlig alleine da.

Man sollte die Dinge weniger emotional betrachten und das grössere Bild erkennen.

Wir profitieren etwa von der UNO-Satzung, von verschiedensten Instrumenten wie der WTO – mit all ihren Defiziten. Es ist immer wieder ein Nehmen und Geben. Wenn ich in bestimmten Bereichen einen Souveränitätsverzicht setze, gibt es auf multilateraler Ebene auch ein Gegenstück.

Kürzlich wurde ein Teil des österreichischen Lohnschutzes vom EuGH zurückgebunden. Das ist auch die Befürchtung der Gewerkschaften in der Schweiz und ein Grund dafür, dass sich die Linke gegen das Abkommen wehrt. Zu Unrecht?

Wir leben in einer Welt, in der nichts perfekt ist. Das betrifft auch die Entsenderichtlinie – also die Formel «gleiche Arbeit zu gleichen Bedingungen zu gleichen Löhnen». Diese Problematik wird uns immer begleiten. Es gibt bekanntermassen ein Gefälle zwischen Lohn, Kaufkraft und Wohlstand, das sich kreuz und quer durch Europa zieht. Man sollte die Dinge weniger emotional betrachten und das grössere Bild erkennen.

Sie hoffen also, dass die EU selber die Prinzipien gleicher Lohn am gleichen Ort stärker umsetzt?

Ja, das ist die Zielsetzung der Entsenderichtlinie.

Die Schweizer Regierung setzt offenbar mit der Konsultation zum Rahmenabkommen auf den Faktor Zeit. Sie hofft wohl, dass mit den Europawahlen im Mai neue Kräfte zum Zug kommen und eine neu zusammengesetzte EU-Kommission Nachverhandlungen zulässt. Ist diese Hoffnung berechtigt?

Mit einer derartigen Erwartungshaltung auf Zeit zu spielen, bringt niemanden weiter. Das Abkommen wurde sehr detailliert verhandelt. Ich bin mir nicht sicher, dass sich auf Seite der EU-Kommission alles verändern wird. Die eine oder andere politische Spitze wird sich verändern. Aber nicht der Beamtenapparat dahinter. Ich würde weniger auf Zeit spielen, sondern auf Inhalte setzen und den Menschen vermitteln, welchen Mehrwert sie durch das Abkommen bekommen.

Das Gespräch führte Priscilla Imboden.

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